Der freiberufliche Fahrlehrer und die Sozialversicherung
Von Rechtsanwalt
Dietrich Jaser
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Am 1. Januar 2018 trat das neue Fahrlehrergesetz (FahrlG) in Kraft, das es Fahrlehrern ermöglicht, auch ohne Fahrschulerlaubnis auf selbständiger Basis, also ohne Arbeitsvertrag, im Rahmen eines (freien) Beschäftigungsverhältnisses mit Fahrschulinhabern Fahrschüler auszubilden (Die Einzelheiten hierzu und zum Gesetzgebungsverfahren sind ausführlich erläutert in der Fahrlehrerpost 03/17, Seiten 3 bis 5).
Vom Gesetzgeber geregelt wurde damit zwar die Frage der verwaltungsrechtlichen Zulässigkeit der „freiberuflichen“ Beschäftigung von Fahrlehrern. Keinen Einfluss hat die Neufassung des FahrlG aber auf die damit zusammenhängenden sozialversicherungsrechtlichen Fragen, auf die hier kurz eingegangen werden soll.
Sozialversicherungspflicht
Versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung sind insbesondere „Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu Ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind“ (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB IV).
Beschäftigung im Sinne des Sozialgesetzbuchs ist „die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.“ (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Dazu gehören z.B. alle Fahrlehrer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Fahrschulinhaber stehen.
Ob ein Fahrlehrer in einem Arbeitsverhältnis steht, ist nicht nur eine Frage dessen, was zwischen ihm und dem Fahrschulinhaber vereinbart ist, sondern beurteilt sich auch nach objektiven Kriterien.
Kennzeichen für eine selbstständige Beschäftigung sind
- das eigene Unternehmerrisiko,
- die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und
- die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit
des betroffenen Fahrlehrers. Zu den zu berücksichtigenden Umständen gehören auch die Verkehrsanschauung und die steuerliche Behandlung.
Ein eigenes Unternehmerrisiko besteht dann, wenn der Erfolg eines eigenen wirtschaftlichen Einsatzes ungewiss ist, womit regelmäßig der Einsatz eigenen Kapitals (mit der Gefahr des Verlustes) verbunden ist. Das Unternehmerrisiko ist jedoch nicht das alleinige Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit, sondern es muss verbunden sein mit einer größeren Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft.
Ein Fahrlehrer ist nicht allein deswegen in den Betrieb seiner Auftraggeber eingegliedert, wenn er den theoretischen Unterricht in den Räumen der jeweiligen Fahrschule abhält. Denn bei der Tätigkeit eines Lehrers steht allein das Vermitteln von Wissen und Kenntnissen im Mittelpunkt. Der Unterrichtsraum und die Unterrichtsmittel werden typischerweise nicht vom Lehrer selbst, sondern von der Schule gestellt und sind von nachrangiger Bedeutung. Auch die Aufsichtsrechte und Überwachungspflichten des Fahrschulinhabers gemäß § 16 (jetzt § 29) FahrlG erfordern zu ihrer wirksamen Durchsetzung nicht zwingend einen Arbeitsvertrag. (Sozialgericht Würzburg, Urteil vom 14.09.2012 – Az. S 1 R 531/11).
Rentenversicherungspflicht
Steht nach den oben genannten Kriterien fest, dass der Fahrlehrer eine selbstständige Tätigkeit ausübt, unterliegt er zwar nicht der allgemeinen Sozialversicherungspflicht, könnte aber dennoch rentenversicherungspflichtig sein. Die Rentenversicherungspflicht für selbstständig Tätige ist in § 2 SGB VI geregelt. Danach sind in der Rentenversicherung „Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen“ ( § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI) und „Personen, die a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind…“ (§ 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI) versicherungspflichtig.
Zu den Lehrern im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI zählen auch Fahrlehrer. Anstelle der regelmäßigen Beschäftigung einer versicherungspflichtigen Person im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit als Fahrlehrer genügt es auch, wenn mehrere geringfügig Beschäftigte angestellt sind, die in ihrer Gesamtheit einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer ersetzen (Bundessozialgericht, Urteil vom 23.11.2005 – Az. B 12 RA 15/04 R).
Das heißt, dass Fahrlehrer, die zwar selbstständig tätig sind aber im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit als Fahrlehrer keine versicherungspflichtige Person (oder mehrere geringfügig Beschäftigte, die in ihrer Gesamtheit einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer ersetzen) beschäftigen, trotzdem der Rentenversicherungspflicht unterliegen.
Statusfeststellungsverfahren
Um die Frage der Versicherungspflicht verbindlich klären zu lassen, besteht die Möglichkeit des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV. Wird der Antrag „innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fest, tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte zustimmt und er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist“ (§ 7a Abs. 6 SGB IV).
Wird der Antrag später als einen Monat nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt, so tritt im Falle der Feststellung einer Versicherungspflicht diese mit Aufnahme der Tätigkeit ein. Schuldner für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge ist stets der Arbeitgeber bzw. Auftraggeber (§ 28e Abs. 1 S. 1 SGB IV).