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Fahrlehrerprüfung: Wartezeit nach zwei verpatzten Wiederholungen

Von Rechtsanwalt
Dietrich Jaser
www.domusjuris.de

Fahrlehrerprüfung: Wartezeit bis 2021 nach zwei verpatzten Wiederholungen? Verwaltungsgericht München spricht Klartext zugunsten der Fahrlehreranwärter.

Verwaltungsgericht München am 17. Januar 2019: In einer mündlichen Verhandlung erklärte der Vorsitzende Richter den erstaunten Vertretern des Freistaats Bayern, dass nach Auffassung seiner Kammer das fünfjährige Wiederholungsverbot des bisherigen § 25 der Fahrlehrerprüfungsordnung (FahrlPrüfO) verfassungswidrig (und damit nichtig) war. Jedoch war das noch nicht alles. Was war geschehen?

Dreimal durchgefallen. Fünf Jahre warten?
Eine Fahrlehreranwärterin, die Klägerin in jenem Fall, stellte im April 2016 (erstmals) beim zuständigen Landratsamt Antrag auf Erteilung einer Fahrlehrerlaubnis.

Nachdem das Landratsamt sie zur Prüfung zugelassen hatte, begann sie ihre Ausbildung zur Fahrlehrerin wie von § 2 des Fahrlehrergesetzes in seiner damaligen, bis Ende 2017 geltenden Fassung (FahrlG a.F.) vorgeschrieben war. Die Ausbildung dauerte bis Dezember 2016. Da die Klägerin die Prüfung nach zwei verpatzten Wiederholungen nicht bestanden hatte, erhielt sie schließlich im Oktober 2017 ein Schreiben vom Landratsamt, das sie darüber informierte, dass sie wegen der zwei nicht bestandenen Wiederholungsprüfungen erst nach fünf Jahren wieder zur Prüfung antreten dürfe. Das entsprach der damaligen Regelung des § 25 der Prüfungsordnung für Fahrlehrer (FahrlPrüfO 2012), also derjenigen Regelung, die das Verwaltungsgericht für verfassungswidrig hält. In Unkenntnis der Rechtsauffassung des Gerichts fügte sich die Klägerin zunächst in ihr Schicksal.

Neues Gesetz:  neue Ausbildung – neue Chance?
Nur rund zwei Monate später, genauer: am 1. Januar 2018, trat das neue Fahrlehrergesetz (FahrlG 2017, Stand 30.06.2017) und am 4. Januar 2018 die neue Fahrlehrerprüfungsverordnung (FahrlPrüfV 2018, Stand 02.01.2018) in Kraft.

Fünfjähriges Wiederholungsverbot zugunsten erneuter Ausbildung abgeschafft
Nachdem die neuen Regelungen in Kraft getreten waren, stellte die Klägerin im März 2018 nochmals Antrag auf Erteilung einer Fahrlehrererlaubnis. Denn in § 25 der neuen Verordnung ist die Vorschrift, dass Fahrlehreranwärter nach zweimaligem Nichtbestehen der Wiederholungsprüfungen fünf Jahre warten müssen, nicht mehr enthalten. An deren Stelle trat die neue Regelung, dass die Prüfungen und Lehrproben nach Abschluss der nicht bestandenen Prüfung nur dann erneut abgelegt werden können, „wenn der Fahrlehreranwärter oder Bewerber sich einer erneuten Ausbildung für die beantragte Klasse unterzogen hat.“

In seiner Begründung zu § 25 FahrlPrüfV1 erklärt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) meines Erachtens völlig zutreffend:

„Allerdings wir[d]2 die Frist von 5 Jahren für die Wiederholungsprüfung gestrichen, da es für eine solche Frist keine Grundlage gibt, wenn der Bewerber sich dazu entschließt die kosten- und zeitintensive Ausbildung zu absolvieren und eine vollständige Prüfung abzulegen.“

Landratsamt erteilt Prüfauftrag an Bezirksregierung – Bezirksregierung sträubt sich
Dem entsprechend informierte das freundliche Landratsamt die Klägerin darüber, dass die nach dem alten Recht bestehende Fünf-Jahres-Sperre weggefallen sei und ließ sie im April 2018 erneut zur Prüfung zu. Gleichzeitig teilte das Landratsamt der zuständigen Bezirksregierung mit, dass es die Klägerin wieder zur Prüfung zugelassen habe und beauftragte sie, die Prüfung der Klägerin durchzuführen.

Daraufhin begann die Klägerin ihre „kosten3 – und zeitintensive“ Ausbildung zur Fahrlehrerin noch im April 2018.

Auf eine Ladung zur Prüfung durch die Bezirksregierung wartete die Klägerin allerdings vergeblich.

Denn die Bezirksregierung, wie die Klägerin später erfahren musste, berief sich auf die Übergangsvorschrift des § 69 Abs. 6 FahrlG 2017, die in ihrem Satz 1 regelt:

„Bei Bewerbern, die ihre Ausbildung in der amtlich anerkannten Fahrlehrerausbildungsstätte oder in einer Stelle nach § 44 Absatz 2 vor dem 1. Januar 2018 begonnen und vor dem 1. Januar 2021 abgeschlossen haben, richten sich die Ausbildung, die Prüfung und die Erteilung der Fahrlehrerlaubnis während dieser drei Jahre noch nach den vor dem 1. Januar 2018 geltenden Vorschriften.“

Daraus leitete die Bezirksregierung her, dass auf die Klägerin noch die alte Regelung auch der FahrlprüfO 2012 mit der Fünfjahressperre anzuwenden sei. Allerdings sei diese begrenzt auf diese drei Jahre. Somit dürfe die Klägerin ab 2021 wieder zur Prüfung antreten. Dabei übersah sie allerdings sowohl die Gesetzesbegründung der Bundesregierung, die zu § 69 Abs. 6 klarstellt:

„Die Regelung […] hat zur Folge, dass Bewerber, die ihre Ausbildung bereits begonnen haben, noch bis zum Ablauf der Frist Ausbildung und Prüfung nach den alten Regelungen absolvieren dürfen.4

als auch die oben erwähnte Begründung des BMVI zu § 25 FahrlPrüfV.

Landratsamt erteilt Hinweis und nimmt Zulassungsbescheid zurück
Nachdem die Bezirksregierung das Landratsamt aufgefordert hatte, den Zulassungsbescheid zurückzunehmen, informierte es die Klägerin zunächst telefonisch darüber und nahm dann den Bescheid im Juli 2018 durch Widerrufsbescheid zurück, allerdings ohne sich die Rechtslage selbst noch einmal genauer anzusehen. Zu diesem Zeitpunkt steckte die Klägerin bereits mitten in ihrer Ausbildung.

Damit war die Klägerin freilich nicht einverstanden und suchte zunächst einen ihr von früheren Angelegenheiten bekannten Rechtsanwalt auf, der zunächst fristwahrende Klage gegen den Rücknahmebescheid erhob. Denn Bescheide werden grundsätzlich bestandskräftig, wenn nicht innerhalb eines Monats Klage (oder in manchen Fällen Widerspruch) gegen sie erhoben wird.

Eine Begründung erhielt die Klage aber noch nicht. Das Gericht setzte dem Rechtsanwalt daraufhin eine Frist innerhalb derer er die Klage begründen sollte. Als das Fristende nahte, teilte der Rechtsanwalt der Klägerin mit, dass er leider keine Erfolgsaussichten sehe und empfahl ihr die Klage zurückzunehmen.

Das wollte die Klägerin aber keinesfalls und wandte sich deshalb an den Autor dieser Zeilen, einem erfahrenen Experten auf dem Gebiet des Fahrlehrerrechts.

Der Autor prüft und stellt fest, dass die Klägerin im Recht ist
Entgegen der Ansicht des Erstanwalts sah der Autor sehr wohl Erfolgsaussichten. Denn die Übergangsregelung des § 69 Abs. 6 FahrlG 2017 war auf den vorliegenden Fall gar nicht anwendbar.

Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst.

Denn sie bezieht sich auf Fälle, in denen die Ausbildung vor dem Stichtag 1. Januar 2018 begonnen wurde und nach diesem Stichtag, jedenfalls aber vor dem 1. Januar 2021 beendet wurde. In unserem Fall wurde die Ausbildung zwar vor dem 1. Januar 2018 begonnen aber sie wurde eben auch vor diesem Stichtag beendet. Es bleibt schleierhaft, wie die Bezirksregierung darauf kommt, dass dies nicht der Fall sei. Noch unerklärlicher ist es aber, dass die Behörde anscheinend weder die Gesetzesbegründung der Bundesregierung zu § 69 Abs. 6 FahrlG 2017 noch die Verordnungsbegründung des BMVI zu § 25 FahrlPrüfV gelesen oder sonst zur Kenntnis genommen hat.

Hinzu kommt, dass die alte Regelung mit der Fünfjahressperre vermutlich verfassungswidrig sein dürfte, weil das einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit (Berufszugangsregelung) nach Art. 12 des Grundgesetzes (GG) darstellt, der auch aus Gründen eines überragenden Gemeinwohls nicht zu rechtfertigen sein dürfte. Aber darauf kam es letztendlich nicht mehr an. So kam es schließlich zur Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München, die aus Sicht der Klägerin äußerst erfreulich verlief.

Gericht weist Behörden zurecht und hält Fünfjahressperre für verfassungswidrig
Zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München erschienen sodann am 17. Januar 2019 Vertreter des Landratsamts, das den angegriffenenen Rücknahmebescheid auf Druck der Bezirksregierung erlassen hatte und die Klägerin mit ihrem Rechtsanwalt, dem Autor dieser Zeilen.

Von der Bezirksregierung, die eigentliche Verursacherin des Rechtsstreits erschien niemand. Vermutlich ahnte man dort schon, was bei Gericht geschehen würde. Und so kam es dann auch.

Unter Hinweis auf die o.g. Rechtsauffassung rüffelte das Gericht die erschienenen Behördenvertreter, dass sie offenbar den Wortlaut der Übergangsregelung nicht verstanden hätten und zeigte sich empört, dass man dort anscheinend weder die Begründung zur Übergangsregelung (§ 69 Abs. 6 FahrlG 2017) noch zur neuen Rechtsverordnung (dort zu § 25 Satz 1 FahrlPrüfV 2018) gelesen oder sonst zur Kenntnis genommen hatte.

Hinzu käme obendrein noch, dass die alte Vorschrift des § 25 FahrlPrüfO mit der Fünfjahressperre nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) – das Gericht erwähnte hierzu den „Apothekenfall“ des BVerfG (BVerfG, 11.06.1958, Az.: 1 BvR 596/56) – gegen die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG verstoße.

Von einer Verwaltungsbehörde dürfe man erwarten, dass sie die Rechtsprechung kenne, schließlich erwarte man dies auch von den Referendaren in der juristischen Ausbildung. Das Landratsamt hätte sich nach Auffassung des Gerichts gegen die Aufforderung der Bezirksregierung zur Wehr setzen und auf die Rechtslage hinweisen müssen, nicht aber blindlings der Anweisung der Bezirksregierung folgen dürfen.

Fazit
Zwar wurde das Urteil noch nicht gesprochen, dies folgt von Amts wegen.
Wie das Urteil aber aussehen wird, ist angesichts der unmissverständlichen Äußerungen des Gerichts schon jetzt klar:

Die Klägerin ist
im Recht und der
Rücknahmebescheid
wird aufgehoben.

Angesichts der klaren Rechtslage wird die Behörde hier vermutlich kein Rechtsmittel einlegen.
Die Klägerin wird also ihre Prüfungen ablegen dürfen.

Weil die Klägerin obsiegt hat, wird die Behörde die Gerichts- und auch Anwaltskosten in diesem Fall zahlen müssen. Von den Anwaltskosten allerdings nur die ihres zuletzt beauftragten Rechtsanwalts. Dass der zuerst beauftragte Rechtsanwalt keine Erfahrung mit dem Fahrlehrerrecht hatte, ändert daran nichts. Den muss sie selbst bezahlen. Deswegen ist stets darauf zu achten, sich schon bei der Suche nach einem Rechtsanwalt zu vergewissern, dass dieser Erfahrung auf dem jeweiligen Rechtsgebiet hat.

Zudem ist es ratsam, wegen der damit verbundenen Kosten, immer nach einer speziellen Rechtsschutzversicherung für Fahrschulen und Fahrlehrer zu schauen. Denn, wie die Behörde erklärte, handelte es sich hier keineswegs um einen Einzelfall.Bis zur nächsten Ausgabe der Fahrlehrerpost wird das Urteil wahrscheinlich in schriftlicher Form vorliegen. Wir werden berichten.

Fußnoten/Quellen:

  • 1 Bundesrat, Drucksache 379/17 (neu).
  • 2 Wörtliches Zitat. Im veröffentlichten Text fehlt tatsächlich das „d“.
  • 3 Allein die Kosten für die Fahrlehrerausbildungsstätte betrugen knapp 15.000 Euro
  • 4 Bundestag, Drucksache 18/10937, S. 145
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