Fahrzeugkolonne überholt
Wer kennt das nicht: Auf einer zweispurigen Straße fährt man hinter einer Fahrzeugkolonne her, die sich mit nur mäßiger Geschwindigkeit fortbewegt. Kolonnenspringen oder hinterherschleichen?
In dieser Situation, entschloss sich ein Pkw-Fahrer bei guter Sicht trotz entgegenkommenden Fahrzeugen einen Überholvorgang einzuleiten. Während er überholte, blinkte vor ihm ein Wagen links, und die Fahrerin scherte aus. Dabei kam es zum Zusammenstoß.
Der PKW-Fahrer, der überholen wollte, bestand darauf, seinen Schaden voll ersetzt zu bekommen und klagte vor dem Landgericht (LG) Deggendorf, das eine Schadensverteilung von 40:60 festlegte (Az. 31 O 266/16). Es gründet sein Urteil auf den Verstoß gegen § 5 IV 1 StVO. Dort heißt es, dass man sich beim Überholen so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Grundlage des Urteils waren auch vorausgehende Entscheidungen anderer Gerichte zu ähnlichen Sachverhalten.
Dagegen legte der Kläger beim Oberlandesgericht (OLG) München erfolgreich Berufung ein.
Das OLG stellte zunächst fest, dass kein generelles Verbot bestehe, Kolonnen unter bestimmten Voraussetzungen zu überholen. Es schloss sich auch der Auffassung des LG Deggendorf an, wonach die Fahrerin, die überraschend links blinkte und ausscherte, nicht so überholt habe, dass eine Gefährdung anderer, wie in der StVO gefordert, ausgeschlossen gewesen sei.
Dies treffe jedoch nicht auf den Kläger zu, dem ein solches verkehrswidriges Verhalten nicht nachgewiesen werden könne. Das OLG reduzierte seinen Schadensanteil auf 20 Prozent. Diese Mitschuld resultiere jedoch ausschließlich aus der allgemeinen Betriebsgefahr, die sich generell aus der Teilnahme am Straßenverkehr ergebe, so das OLG München.
Quelle: OLG München, Az. 10 U 4448/16