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Zweigstellenverlegung nicht erlaubnispflichtig

Von Rechtsanwalt
Dietrich Jaser
www.domusjuris.de

Die Verlegung einer Zweigstelle muss nur angezeigt werden. Sie bedarf keiner Genehmigung, wie mancherorts von behördlicher Seite gemeint wird.

Einerseits klagen vielen Mitarbeiter in den Verkehrsabteilungen der unteren Verwaltungsbehörden, meist Landratsämter, über die zu hohe Arbeitsbelastung. Andererseits schaffen sie sich unnötig Arbeit, wo keine wäre. Zum Beispiel bei der Verlegung von Zweigstellen. Beispielhaft ist die folgende Korrespondenz zwischen Fahrschulinhaber und Erlaubnisbehörde.

Im Frühjahr dieses Jahres teilte der Fahrschulinhaber Gründlich der zuständigen Behörde mit:

[…] wie soeben telefonisch besprochen, teile Ich Ihnen hiermit die Verlegung der Zweigstelle von Neue Straße 30 in A-Stadt (Fahrschule Fuchs) in die Räumlichkeiten der Fahrschule Wolf, Hauptstraße 20 in B-Stadt zum heutigen Datum mit.

Der Sachbearbeiter des Landratsamt B-Stadt, Herr Specht, antwortete vorbildlich sogleich am folgenden Tag via E-Mail:

[…] bzgl. der Verlegung Ihrer Zweigstelle von A-Stadt nach B-Stadt bitte ich Sie noch um Vorlage der nachfolgenden Unterlagen:

    • amtlich beglaubigte Abschrift oder Ablichtung des Fahrlehrerscheins
    • Nachweis über die erteilte Fahrschulerlaubnis (Ablichtung der Erlaubnisurkunde)
    • Angaben zu evtl. bereits bestehenden Zweigstellen (Ablichtung der Erlaubnisurkunden)
      maßstabsgerechter Plan der Unterrichtsräume mit Angaben über ihre Ausstattung; Ablichtung von Kaufvertrag, Mietvertrag oder Nutzungsvereinbarung
    • Erklärung, dass die vorgeschriebenen Lehrmittel zur Verfügung stehen
    • Aufstellung über Anzahl und Art der Lehrfahrzeuge; Ablichtung des Fahrzeugscheins, Mietvertrag oder Nutzungsvereinbarung

Bei Rückfragen können Sie mich gerne anrufen.

Rückfragen hatte Herr Gründlich. Denn ein Blick ins Fahrlehrergesetz (FahrlG) verriet ihm, dass er die Verlegung seiner Zweigstelle bei der zuständigen Behörde anzeigen muss (§ 30 Satz 1 Nummer 1 FahrlG in Verbindung mit § 27 Absatz 3 Nr. 4 FahrlG). Mehr aber auch nicht. Deshalb bat er Herrn Specht:

[…] mit Rücksprache des Interessenverbandes Deutscher Fahrlehrer e.V. […] Günzburg, bitte ich Sie, mir die Rechtsgrundlage […] zu benennen.

Dieser Bitte kam Herr Specht sodann – jedenfalls in Bezug auf die Forderung nach den Unterlagen über die Unterrichtsräume – nach und teilte Herrn Gründlich mit:

[…] bezugnehmend auf Ihr Schreiben […] kann ich Ihnen folgendes mitteilen:

Grundsätzlich ist dem Antrag auf Erteilung einer Fahrschulerlaubnis ein maßstabsgerechter Plan der Unterrichtsräume der geplanten Fahrschule mit Angaben über ihre Ausstattung beizufügen (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 FahrlG).

Als notwendige Voraussetzung gehört dazu ein Nachweis, dass der Antragsteller den erforderlichen Unterrichtsraum zur Verfügung hat (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nummer 6 FahrlG), auch wenn dies von § 22 FahrlG nicht ausdrücklich gefordert wird, denn sonst könnten wir als zuständige Behörde nicht prüfen, ob die Voraussetzung des § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 FahrlG insoweit erfüllt ist.

Dieser Nachweis kann durch einen Eigentumsnachweis oder durch Miet-, Pacht- oder anderen Überlassungsvertrag geführt werden.

Dies gilt nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 2 FahrlG entsprechend auch für Zweigstellen.

Das ist zwar alles richtig, was Sachbearbeiter Specht dem Fahrschulinhaber Gründlich hier mitteilt. Allerdings übersieht er dabei, dass sich die genannten Vorschriften auf die Erteilung einer Fahrschul- bzw. in entsprechender Anwendung (über § 27 Absatz 3 FahrlG) einer Zweigstellenerlaubnis beziehen. Hier geht es aber um die Verlegung einer Zweigstelle (von einem Landratsamts-Bezirk in einen anderen). Zur Verlegung ist in den vom Sachbearbeiter Specht genannten Vorschriften – außer in § 27 Absatz 3. Nr. 4, 30 Satz 1 Nr. 1 FahrlG – nichts geregelt. Deshalb gilt: Eine Zweigstelle kann jederzeit verlegt werden. Dies ist der Erlaubnisbehörde nach § 27 Absatz 3 Nr. 4 i.V.m. § 30 Satz 1 Nr.1 FahrlG lediglich anzuzeigen (Dauer, Fahrlehrerrecht, § 28 Anmerkung 13).

Die in § 30 FahrlG genannten Anzeige- und Mitteilungspflichten sind abschließend (so auch Dauer, Fahrlehrerrecht, § 30 FahrlG Anmerkung 2). Die vom Sachbearbeiter, Herrn Specht, genannte Vorschrift des § 27 Absatz 2 Nr. 1 FahrlG bezieht sich schon nach dem Wortlaut („Die Erlaubnis wird erteilt, wenn…“) ganz unzweifelhaft auf die Erteilung einer Zweigstellenerlaubnis, nicht auf die Verlegung einer Zweigstelle.

Auch die vom Sachbearbeiter genannte Vorschrift des § 27 Absatz 3 Nr. 2 betrifft die Voraussetzungen der Erteilung einer Zweigstellenerlaubnis (siehe auch: Dauer, Fahrlehrerrecht, § 27 FahrlG Anmerkung 11). Diese Vorschrift stellt keine Anforderungen an die Verlegung einer Zweigstelle. Die Verlegung ist nur anzeigepflichtig, es muss keine Erlaubnis dafür beantragt werden.

Im Ergebnis gleich ist auch der Standpunkt des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG S-H, Beschluss vom 3. Juli 2006, Aktenzeichen 2 Ss OWi 61/06 [84/06]; die dort genannten Paragrafen des FahrlG beziehen sich auf das „alte“ FahrlG in der Fassung bis zum 31.12.2017. Die Vorschriften des ab 01.01.2018 geltenden, neuen FahrlG sind, wo erforderlich, in Klammern hinzugesetzt.) Das OLG S-H stellte überzeugend fest (Hervorhebungen durch den Verfasser):

[…] Die Verlegung einer Zweigstelle einer Fahrschule unterliegt nicht der Erlaubnis-, sondern nur der Anzeigepflicht. Das Fahrlehrergesetz unterscheidet zwischen beiden. Nach §§ 10 – 14 [neu: §§ 17 – 27 FahrlG] des Gesetzes bedarf es zum Betrieb einer Fahrschule oder deren Zweigstellen einer Erlaubnis. Für die Zweigstellen ist diese Regelung unter besonderen Voraussetzungen nach § 14 Abs. 2 [neu: § 27 Absatz 2 FahrlG] getroffen worden. Davon zu trennen ist die einfachere Form der Verlegung einer – bereits erlaubten – Fahrschule oder – bereits erlaubten – Zweigstelle. Dazu ist nach § 17 Nr. 1, 3 FahrlG [neu: § 30 Nr. 1, 3] lediglich eine Anzeige erforderlich (vgl. dazu Eckhardt, Koch, Fahrlehrerqesetz, 5. Aufl., 1991, § 14 Rdn. 10). Der Normierung einer Anzeigepflicht hätte es nicht bedurft, wenn auch im Falle der Verlegung einer Zweigstelle eine Erlaubnis erforderlich wäre. Diese ist nicht damit zu begründen, dass die Erlaubnis nach § 14 Abs. 2 FahrlG an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist und diese entsprechend auch von der Behörde überprüft werden müssen.

Auch praktische Erwägungen führen im vorliegenden Fall nicht zu einer Verpflichtung, die geforderten Unterlagen vorzulegen. Denn hier erfolgt die Verlegung der Zweigstelle in die Räumlichkeiten der vom zuständigen Landratsamt bereits genehmigten Fahrschule Wolf in dessen Bezirk. Da im Rahmen deren Genehmigungsverfahrens bereits alle geforderten Unterlagen vorgelegt werden mussten, besteht kein irgendwie geartetes Bedürfnis, diese nochmals vorlegen zu müssen. Dass die Fahrschule Gründlich die erforderlichen Lehrfahrzeuge und Lehrmittel zur Verfügung hat war bereits Voraussetzung der Erteilung deren Fahrschulerlaubnis und bedarf daher keiner nochmaligen Überprüfung. Wozu der Fahrlehrerschein benötigt wird, bleibt im Dunkeln. Zweigstellen werden dort – anders als bis Ende 2017 – nicht eingetragen, denn § 27 Absatz 3 Nr. 3 erklärt § 26 Absatz 3 und 4 FahrlG nicht für entsprechend anwendbar (so auch Dauer, Fahrlehrerrecht, Vogel Verlag, 1. Auflage 2018, § 27 FahrlG Anmerkung 12).

Die Eintragung wurde aus Gründen des Bürokratieabbaus gestrichen (siehe amtliche Begründung zu Anlage 1.2 zu § 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung zum FahrlG (FahrlGDV), BR-Drucksache 379/17 [neu], Seite 91).

Aus Gründen der Überwachung nach § 51 FahrlG ist die Vorlage der begehrten Informationen ebensowenig erforderlich. Denn § 57 FahrlG bestimmt, dass die nach Landesrecht zuständigen Behörden Register u. a. über Fahrschulen führen können (örtliche Fahrlehrerregister). Die Eintragungen erfolgen insbesondere auch zur Feststellung über Bestand, Art und Umfang der Erlaubnisse nach dem FahrlG (§ 58 FahrlG). Dazu gehören nach § 59 Absatz 3 FahrlG insbesondere die hier interessierende Fahrschul- und Zweigstellenerlaubnis.

Ist eine Fahrschule, wie hier, im Bereich mehrerer Behörden tätig, so teilen sich diese gegenseitig die nach § 59 Absatz 3 gespeicherten Daten mit, soweit dies für die Überwachung nach § 51 FahrlG erforderlich ist (§ 60 Abs. 2 FahrlG). Damit ist dem Datenhunger der Behörde genüge getan. Weiterer Informationen, Beleg oder Nachweise bedarf es nicht.

Der Sachbearbeiter der Behörde hätte sich also einiges an Arbeit ersparen können, wenn er die Verlegung der Zweigstelle einfach zur Kenntnis genommen hätte.

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