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Antworten zur Kurzarbeit

Stand: 26. März 2020

1. Kann der Arbeitgeber (AG) einseitig Kurzarbeit anordnen?
Nur wenn dies im Arbeitsvertrag geregelt ist oder der Arbeitnehmer zustimmt. Denn für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist es zwingend erforderlich, dass mit den Arbeitnehmern eine Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit getroffen wurde. Diese kann in einem geltenden Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag geregelt sein. Sollte es keine solche Regelung geben, ist es zwingend erforderlich, eine Zustimmung jedes einzelnen Arbeitnehmers zur Einführung von Kurzarbeit einzuholen. Die Zustimmung des Arbeitnehmers muss mit der Anzeige auf Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit eingereicht werden.

Stimmt der Arbeitnehmer der Einführung von Kurzarbeit nicht zu, kann dies zu einer Kündigung seitens des Arbeitgebers führen (siehe dazu unten zu Nr. 2).

2. Kann der AG Arbeitnehmern (AN), die der Kurzarbeit nicht zustimmen, kündigen?
Grundsätzlich darf der AG das Arbeitsverhältnis aufgrund des so genannten Maßregelungsverbotes gem. § 612a BGB nicht wegen der Verweigerung der Zustimmung zur Kurzarbeit kündigen. Wenn jedoch eine Beschäftigung des AN in dem vertraglich vereinbarten Umfang nicht mehr möglich ist, kann der AG mit einer Änderungskündigung die Arbeitszeit herabsetzen oder das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen (so z. B. bei Kurzarbeit Null) unter den Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) kündigen. Im Einzelfall empfehlen wir dringend, sich zur Möglichkeit der Kündigung gesonderten Rechtsrat beim Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuholen.

3. Muss Arbeitszeit für alle AN gleichmäßig gekürzt werden?
Die Arbeitszeit muss nicht für alle AN gleichermaßen reduziert werden. Unterschiede wegen der Art der Tätigkeit oder der Qualifikation können gemacht werden. Es kommt immer auf den Ausfall der Arbeit an. Wenn für bestimmte AN keine Arbeit ausfällt, müssen diese auch keine Kurzarbeit leisten. Um dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gerecht zu werden, sollte die Arbeitszeit bei gleicher Arbeit und Qualifikation tunlichst gleichmäßig reduziert werden.

4. Kann man auch für auch (Zeitarbeitnehmer) Kurzarbeitergeld erhalten?
Nach der aktuellen Neuregelung ist der Bezug von Kug auch für Leiharbeitnehmer möglich.

5. Kann auch für Azubis Kurzarbeitergeld beantragt werden?
Um das Ausbildungsziel nicht zu gefährden sollte der Ausbildungsbetrieb möglichst versuchen, Kurzarbeit für Azubis, beispielsweise durch Umorganisation, zu vermeiden.

Ist die Kurzarbeit unumgänglich, muss man § 19 BBiG beachten. Danach muss Azubis ihre Ausbildungsvergütung auch für Zeiten einer Freistellung nach § 15 BBiG (Berufsschule etc.) bezahlt werden oder auch für eine Dauer von bis zu sechs Wochen, wenn sie sich für die Berufsausbildung bereithalten, diese aber ausfällt oder aus einem sonstigen, in ihrer Person liegenden Grund unverschuldet verhindert sind, ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis zu erfüllen. Daraus folgt, dass Auszubildenden ein Anspruch auf Weiterzahlung der Ausbildungsvergütung für die Dauer von sechs Wochen zusteht.

6. Wie muss die Kurzarbeit begründet werden?
Kurzarbeitergeld (Kug) wird nur gewährt für einen zeitlich vorübergehenden vollständigen oder teilweisen Arbeitsausfall. Andere Gründe sind für den Bezug von Kug grundsätzlich nicht maßgeblich.

Wenn also beispielsweise ein Arzt oder Zahnarzt den Anspruch auf Kug damit begründet, nicht mehr genügend Schutzkleidung oder Medikamente zu haben, kann das einem Bezug von Kug rechtlich entgegenstehen. Bei der Begründung ist immer auf den Arbeitsausfall des jeweiligen AN abzustellen.

7. Wie verhält es sich mit Überstundenguthaben und (Rest-)Urlaub?
Noch vorhandene Überstunden müssen abgefeiert werden und der Urlaub aus dem Jahr 2019 muss vollständig genommen sein. Erst dann kann man Kug für die jeweiligen AN erhalten. Für den Urlaub des Jahres 2020 genügt der Bundesagentur nach jetzigem Stand der Dinge grundsätzlich eine Urlaubsliste. Aus dieser Liste muss erkennbar sein, dass jeder AN, für den Kug beantragt wird, in 2020 seinen gesamten, ihm zustehenden Urlaub verplant hat. Der Urlaub 2020 muss daher bis zu Anzeige des Arbeitsausfalls nicht vollständig genommen worden sein, auch nicht anteilig.

Nach der aktuellen Neuregelung müssen bei Vorhandensein von Arbeitszeitkonten keine Negativsalden mehr aufgebaut werden.

8. Wie viele AN müssen von Kurzarbeit betroffen sein, damit Kug beantragt werden kann und wie hoch muss der Arbeitsausfall sein?
Nach der aktuellen Neuregelung (befristet bis 31.12.2020) genügt es, wenn 10% der Beschäftigten eines Betriebes vom Arbeitsausfall betroffen sind. Der Arbeitsausfall muss aber mehr als 10% betragen.

9. Gibt es die vollen Sozialversicherungsbeiträge (SVB) auch wenn der Kug-Antrag bereits im März 2020 gestellt wurde?
Nach der gesetzlichen Neuregelung, die seit dem 16.03.2020 gilt, werden die von den AG allein zu tragenden SVB für die AN, die Kurzarbeitergeld beziehen, erstattet. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Antrag auf Kug bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung beantragt worden ist.

10. Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Das Kurzarbeitergeld beträgt grundsätzlich 60% des Nettoentgeltausfalls, d h. die AN erhalten vom Arbeitgeber für die ausgefallene Arbeitszeit nur 60% des Nettoentgelts. Dieses wiederum bekommt der AG auf Antrag erstattet. Hat ein AN (mindestens) ein unterhaltsberechtigtes Kind, zahlt die Bundesagentur für Arbeit 67% des entgangenen Nettolohns.

11. Gibt es Kurzarbeit Null?
Es gibt auch Kurzarbeit Null. Auch das ist ein Fall der Kurzarbeit. Maßgeblich ist letztlich immer der Umfang des Arbeitsausfalls.

12. Kann der AG den AN den Verdienstausfall durch das Kug ausgleichen?
Grundsätzlich kann der AG den AN (freiwillig) einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld zahlen. In man-chen Tarifverträgen ist die Zahlung eines Zuschusses bei Kurzarbeit vorgeschrieben. Im Einzelfall ist daher zu prüfen, ob ein geltender Tarifvertrag besteht und ob dieser Regelungen zur Kurzarbeit mit einer Zuschusspflicht enthält.

13. Bis wann muss der AG Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit (AA) anzeigen?
Kug wird gemäß § 99 Abs. 2 SGB III frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der AA eingegangen ist. Solange die Anzeige im März 2020 bei AA eingeht, kann bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Kug rückwirkend für den Monat März gewährt werden.

14. Wie lange dauert die Bearbeitungszeit?
Gemäß § 99 Abs. 3 SGB III hat die AA dem Anzeigenden gegenüber unverzüglich einen schriftlichen Bescheid darüber zu erteilten, ob auf Grund der vorgetragenen und glaubhaft gemachen Tatsachen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind. Allerdings kann es derzeit wegen der großen Anzahl an Anträgen, die aufgrund der aktuellen Krise bei der Agentur für Arbeit eingehen, zu Verzögerungen bei der Bearbeitung der Bescheide kommen.

15. Wie muss man das Kug beantragen und wann wird es ausbezahlt?
Zunächst muss der AG gem. § 99 Abs. 1 SGB III den Arbeitsausfall bei „seiner“ zuständigen AA schriftlich oder elektronisch anzeigen. Eine mündliche Anzeige genügt dem nicht. Ist ein Betriebsrat vorhanden, so ist die Stellungnahme des Betriebsrats der Anzeige beizufügen. Laut Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit hat der AG mit der Anzeige der AA die Ankündigung der Kurzarbeit und die Vereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit vorzulegen. Des Weiteren müssen die Ursachen des Arbeitsausfalls angegeben werden. Nach erfolgter Anzeige muss der AG das Kug für die ausgefallenen Stunden berechnen und mit dem Gehalt für die geleisteten Arbeitsstunden an die Arbeitnehmer auszahlen.

Nach Ablauf des Monats müssen der entsprechende Leistungsantrag bei der AA gestellt und die Abrechnungslisten eingereicht werden. Der Leistungsantrag muss innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungsmonats bei der AA eingegangen sein. Geht der Antrag nicht innerhalb dieser Ausschlussfrist bei der AA ein, können Leistungen – ohne Rücksicht auf die Gründe der Fristversäumnis – nicht mehr gewährt werden.

16. Kann ein AG während der Kurzarbeit betriebsbedingt kündigen?
Das ist grundsätzlich möglich. Der AG muss dann im Kündigungsschutzprozess nachweisen, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer – entgegen der ursprünglichen Prognose wegen der die Kurzarbeit eingeführt wurde – dauerhaft entfallen ist. Die Gründe, die zur Legitimation der Kurzarbeit herangezogen wurden, können nicht mehr zur Begründung der Kündigung herangezogen werden. Vielmehr bedarf es darüberhinausgehender Umstände, die ein dringendes betriebliches Erfordernis i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG begründen.

17. Kann auch für gekündigte AN Kug beantragt werden?
Das geht nicht. Denn § 98 Abs. 1 Ziffer 2 SGB III bestimmt ausdrücklich, dass die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kug nur dann erfüllt sind, wenn das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist. Insofern endet der Bezug von Kug bereits mit dem Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und nicht erst mit dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam wird.

18. Kann Kurzarbeit ohne Einhaltung einer Frist eingeführt werden?
Grundsätzlich kann Kurzarbeit erst nach Ablauf einer vereinbarten Ankündigungsfrist angeordnet werden. Die Dauer der Ankündigungsfrist ergibt sich aus einem geltenden Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Ist Kurzarbeit einzelvertraglich vereinbart, so wird eine Ankündigungsfrist von drei Wochen für angemessen gehalten. Die Frage, ob und inwieweit diese Ankündigungsfrist aufgrund der aktuellen Situation verkürzt bzw. vollständig aufgehoben werden kann, ist umstritten.

19. Haben auch sog. Minijobber (geringfügig Beschäftigte) Anspruch auf Kug?
Das ist nicht möglich. Geringfügig beschäftigte AN (sog. Minijobber) können kein Kurzarbeitergeld erhalten.

20. Haben arbeitsunfähig erkrankte AN Anspruch auf Kug und wer zahlt was?
Hierbei kommt es darauf an, ob die Arbeitsunfähigkeit während des Bezugs von Kug eintritt oder bereits zuvor eingetreten ist.

Im ersteren Fall, also im Anspruchszeitraum oder an dem Tag, an dem dieser beginnt, bleibt der Anspruch auf das Kug erhalten – und zwar so lange, wie auch Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht bzw. ohne den Arbeitsausfall bestehen würde.
Im letzteren Fall haben AN ergänzenden Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Das bedeutet: bis zum Beginn der Kurzarbeit zahlt der AG das volle Entgelt fort (Entgeltfortzahlungsanspruch). Ab Beginn der Kurzarbeit zahlt der AG den geringeren Lohn und die Krankenkasse zahlt Krankengeld in Höhe des staatlichen Kurzarbeitergeldes, so als wenn der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig gewesen wäre, und zwar so lange, bis der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet. Normalerweise wird Krankengeld von der Krankenkasse ausgezahlt. In diesen Fällen muss aber der AG das Krankengeld errechnen und mit der Entgeltabrechnung der AN auszuzahlen. Die Krankenkasse der AN erstattet dem AG auf Antrag das verauslagte Krankengeld. Nach Ende der Entgeltfortzahlung zahlt die Krankenkasse bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit Krankengeld.

Die jeweilige Krankenkasse ermittelt die Höhe von diesem Zeitpunkt an jedoch nach allgemeinen Berechnungsvorschriften für reguläres Krankengeld.

21. Kann ein Geschäftsführer Kug für sich selbst beantragen?
Geschäftsführer können Kurzarbeitergeld nur erhalten, wenn durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung festgestellt wurde, dass sie als AN sozialversicherungspflichtig sind.

Diese Informationen hat für uns Rechtsanwalt Dietrich Jaser zusammengetragen.

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