Praktische Prüfung – aber ohne Fahrassistenzsysteme!
Touchscreen benutzt – Unfall!
Der Fahrer eines Tesla bediente währen der Fahrt einen fest eingebauten Bildschirm per Touchscreen, um das Scheibenwischerintervall zu erhöhen. Dabei kam er auf regenasser Fahrbahn und starkem Regen von der Fahrbahn nach rechts ab, fuhr in eine Böschung und kollidierte mit einem Netzknotenstationierungszeichen und mehreren Bäumen.
Das Amtsgericht Karlsruhe verurteilte ihn daraufhin wegen verbotener Nutzung eines elektronischen Geräts zu 200 Euro Geldbuße und einem Monat Fahrverbot. In der Begründung wies das Gericht darauf hin, dass der Führer eines Fahrzeugs laut StVO § 23 einen Bildschirm ausschließlich unter der Voraussetzung bedienen dürfe, „dass zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.“ Dies gelte ebenfalls für die Einstellung der zum Betrieb des Kraftfahrzeugs notwendigen Funktionen über Touchscreen, so das Gericht.
Bei Beachtung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt hätte er den entstandenen Sachschaden verhindern können. Der Betroffene legte daraufhin Berufung ein, er wertete den Touchscreen als sicherheitstechnisches Bedienteil, und eben nicht als elektronisches Gerät laut StVO § 23.
Doch das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe schloss sich der Sichtweise des Amtsgerichts an und bestätigte das Urteil.
Quelle: OLG Karlsruhe,
Az.1 Rb 36 Ss 832/1
Praktische Prüfung – aber ohne Fahrassistenzsysteme!
Individuelle Mobilität genießt in unserer Gesellschaft trotz Umwelt- und Klimaschutzdebatte weiterhin einen hohen Stellenwert bei der Einschätzung von individueller Lebensqualität, wobei das Auto im Privatbereich nach wie vor das wichtigste Verkehrsmittel darstellt.
Vor diesem Hintergrund verfolgt der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) mit großer Sorge, dass die Fahrerlaubnisprüfung durch den Gesetzgeber zunehmend komplexer gestaltet wird. So plant das Bundesverkehrsministerium auf Anraten einschlägiger Organisationen wie der BAST, dass zukünftig bei der praktischen Fahrerlaubnisprüfung eine vom Prüfer/der Prüferin angeordnete Bedienung von Fahrassistenzsystemen wie zum Beispiel der Längs- oder Querführung während der Fahrt erfolgen soll. Damit verbunden sieht der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer eine ganze Reihe von negativen Auswirkungen für Fahrschulen, Fahrschüler und auch letztendlich für die Verkehrssicherheit. Gegen diese nicht nur unnütze sondern vor allem auch gefährliche Erweiterung der Prüfungsinhalte hat der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) dem BMVI nachfolgende Stellungnahme übermittelt:
Fahrassistenzsysteme in
der Fahrerlaubnisprüfung
Stellungnahme des Interessenverbandes Deutscher Fahrlehrer (IDF)
Der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) beobachtet mit zusehendem Unverständnis, dass die Ausgestaltung der Optimierten Praktischen Fahrerlaubnisprüfung kontinuierlich an Umfang zunimmt. Dabei werden auch Prüfungsinhalte aufgenommen, die aus unserer Sicht keinerlei Beitrag zur Erhöhung der immer und immer wieder ins Feld geführten Verkehrssicherheit leisten. Die Behauptung einschlägiger Organisationen, dass die geplanten Maßnahmen bei Fahrschülern und Fahrlehrern auf breite Akzeptanz stoßen, ist nach unseren Recherchen unzutreffend. Aus der Befragung von Fahrlehrern und Fahrerlaubnisbewerbern gewonnene Daten der letzten drei Monate spiegeln ein deutlich anderes Meinungsbild wider, wonach kein einziger (!) der Befragten für die Aufnahme des Bereichs „Fahrassistenzsysteme“ in den Kanon der Prüfungsinhalte von praktischen Fahrerlaubnisprüfungen stimmte. Soviel zur angeblichen Akzeptanz des betroffenen Personenkreises.
Für den Interessenverband Deutscher Fahrlehrer ist es auch schlicht unlogisch, dass jemand freiwillig länger geprüft werden will. Sowohl Fahrlehrer als auch Fahrerlaubnisbewerber sind durch eine Verlängerung der Prüfungszeit einer noch höheren psychischen Belastung ausgesetzt. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt sehen Fahrlehrer die meisten Prüfungskandidaten nach 45 Minuten bereits deutlich am „Limit“. Wozu soll die Erweiterung um zusätzliche Inhalte dienen, die nicht einmal von zentraler Bedeutung sind?
Keine Prüfung kann alle für eine Tätigkeit oder Funktion erforderlichen Kompetenzen abprüfen, auch nicht die Fahrerlaubnisprüfung im Hinblick auf eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr. Daher plädiert der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) klar für eine Straffung der Prüfungsinhalte und fordert auch eine faire Gestaltung der Prüfungsfragen in der theoretischen Prüfung. Gerade hier sehen wir wie bereits mehrfach angemahnt dringenden Handlungsbedarf und nicht bei der fahrpraktischen Prüfung.
Außerdem dürfte unbestritten sein, dass durch die Verlängerung der Prüfungsdauer die ohnehin schon monierte hohe Nichtbestehensquote noch weiter zunehmen wird, und das weitestgehend ohne positiven Einfluss einer Wiederholungsprüfung auf zukünftiges Verkehrsverhalten.
Daher warnen wir eindringlich vor einer weiteren Überfrachtung der praktischen Fahrprüfung mit immer neuen Inhalten und Anforderungen. Die Berücksichtigung der Thematik in der theoretischen und fahrpraktischen Ausbildung befürwortet der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer jedoch ausdrücklich.
Ein weiteres Gegenargument für die Aufnahme der vorgesehenen Fahrassistenzsysteme in die praktische Fahrerlaubnisprüfung ergibt sich aus der Tatsache, dass in den Kraftfahrzeugen keine einheitlich zu bedienenden Systeme verbaut sind, sondern dass jeder Hersteller seine eigene Menüführung dazu anbietet.
Wo also sollte der Gewinn für verkehrssicheres Verhalten von Fahranfängern liegen, wenn die überwiegende Mehrheit nach dem Erwerb ihrer Fahrerlaubnis mit völlig anderen Fahrzeugen am Straßenverkehr teilnimmt?
Außerdem ist zu bedenken, dass zum einen die meisten Fahranfänger infolge mangelnder Fahrpraxis stark auf das reale Verkehrsgeschehen konzentriert sind und jede Ablenkung, auch die Bedienung von Fahrassistenzsystemen während der Fahrt, einen bedeutenden Stressfaktor und eine zusätzliche Gefahrenquelle darstellen. Bei Anwendung dieser Systeme in Stresssituationen manifestiert sich dadurch eine häufige lernpsychologisch begründbare Ablehnung dagegen, in Folge derer ein späterer Einsatz eher vermieden wird.
Was die so oft ins Feld geführte Verkehrssicherheit angeht, fällt uns zunehmend auf, dass dieser längst zur Worthülse gewordene Begriff – wo immer es um die Durchsetzung einschlägiger Interessen geht – schlicht „missbraucht“ wird.
So ist beispielsweise die Häufigkeit von Verkehrsunfällen, vor allem mit Todesfolge, in den letzten Jahren drastisch gesunken. Die Zahl der im Straßenverkehr getöteten 18-24-jährigen ging von 2001 bis 2018 um über 77 Prozent zurück und ist weiter sinkend (siehe Anlage 1). Damit dürfte die Behauptung, dass im Straßenverkehr die höchste Quote an Toten dieser Gruppierung zu beklagen ist, nicht mehr zutreffend sein.
Insofern ist auch die von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) erhobene Behauptung, dass „trotz der bereits erfolgten Verbesserungen in der Fahrausbildung in den letzten Jahren … Fahranfängerinnen und Fahranfänger weiterhin ein überproportionales hohes Unfallrisiko“ aufweisen, unzutreffend (siehe Forschung kompakt 22/16, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 268, 2016). Sie entspricht in keiner Weise der zum Zeitpunkt der getroffenen Aussage bestehenden frei zugänglichen Datenlage. Allein diese Begründung lässt berechtigte Zweifel aufkommen, inwieweit die im gleichen Bericht erwähnte „wissenschaftliche Sicht“ einem peer review standhalten würde.
Infolgedessen resultiert aus unserer Sicht für den Gesetzgeber auch kein Handlungsdruck mehr, weitere Maßnahmen im Rahmen der Fahrerlaubnisprüfung zu ergreifen.
Wir weisen nochmals in aller Deutlichkeit darauf hin, dass die Bedienung von Fahrassistenzsystemen während der Fahrt stets ein Gefahrenpotential darstellt, da sie den Fahrer mehr oder weniger kurzfristig vom aktuellen Verkehrsgeschehen ablenkt. Dies trifft wie bereits erwähnt, besonders für Fahranfänger zu. Bezüglich Prüfungsfahrzeuge bittet der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF), dass alle bereits als Prüfungsfahrzeuge zugelassenen Fahrzeuge diese Zulassung über die gesamte Nutzungsdauer in der Fahrschule behalten.