E- Mobilität unsicher
Der Rechnungshof der Europäischen Union moniert in seinem Sonderbericht 5/21 den schleppenden Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Bis 2025 soll es in Europa eine Million Ladesäulen für Elektroautos geben. Doch wie es im Moment aussieht, liegt ein europaweites flächendeckendes Netz von Ladestationen noch in weiter Ferne, wodurch ein EU-weiter Elektrofahrzeugverkehr auf absehbare Zeit verhindert wird.
So werden zum Beispiel pro Monat 60.000 E-Fahrzeuge zugelassen, aber nur 1.000 neue Ladestationen gebaut.
Der Rechnungshof kommt mit seiner Recherche zum Ergebnis, dass trotz Erfolgen wie der Förderung eines gemeinsamen EU-Standards für Ladestecker und der Verbesserung des Zugangs zu verschiedenen Ladenetzen weiterhin Hindernisse für das Fahren mit Elektrofahrzeugen innerhalb der EU bestehen. Die Verfügbarkeit von Ladestationen ist von Land zu Land unterschiedlich, die Zahlungssysteme sind nicht harmonisiert und müssen keinen Mindestanforderungen entsprechen, und die Informationen für die Nutzer sind unzulänglich. So stehen etwa sieben von 10 Ladesäulen in drei Staaten der insgesamt 27 Mitglieder umfassenden EU, in Deutschland, Frankreich und in den Niederlanden.
Die Länder in Mittel- und Osteuropa verfügen über die geringste Zahl. Nachdem es keine umfassende Analyse der Infrastrukturlücken gibt, konnte die Kommission nicht sicherstellen, dass EU-Mittel genau dorthin fließen, wo sie am dringendsten benötigt werden. Die EU ist von dem Ziel, das sie sich im sogenannten „Grünen Deal“ gesetzt hat, nämlich eine Million Ladepunkte bis 2025 zu schaffen, noch weit entfernt, und es fehlt an einem strategischen Gesamtfahrplan für Elektromobilität. Der Europäischen Kommission wurden daher eine Reihe von Empfehlungen unterbreitet, die dazu beitragen sollen, den Aufbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur in der gesamten EU zu verbessern.
Experten sind zunehmend skeptisch, ob Elektroantriebe tatsächlich zukunftsweisend sein können. Denn ein einziges Fahrzeug benötigt so viel Strom wie etwa 12 Personen in Haushalten. Dies erfordert eine gigantische Anstrengung des Netzausbaus, der ohnehin schon seit Jahren dem zukünftigen Bedarf hinterherhinkt. Und die Ökobilanz geht nur dann auf, wenn grüner Strom getankt wird, was den rasanten Ausbau von Anlagen für erneuerbare Energieproduktion erforderlich macht, zumal sich bis 2030 der Strombedarf um 20 Prozent erhöhen wird. In einem Interview der dpa mit Professor Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) weist dieser darauf hin, dass 170 Wissenschaftler aus aller Welt darauf hinweisen, dass sich die Politik bei der Berücksichtigung des Beitrags von Elektrofahrzeugen für den Klimaschutz grundlegend verrechnet hat, und sie rufen die Verantwortlichen dringend zum Überdenken ihrer Haltung auf. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass die Stromwirtschaft durch die Umstellung auf Elektroantriebe auch zukünftig zur Stromerzeugung auf fossile Brennstoffe wie Gas oder Kohle zurückgreifen muss. Denn laut Bundesregierungen sollen auch Heizungen und Industrie umgestellt werden. Letztlich könnte dadurch der CO2 Ausstoß doppelt so hoch ausfallen wie veranschlagt. Hoffentlich finden bei aller Elektro-Euphorie auch wissenschaftlich belegte kritische Stimmen Eingang in zukunftsweisende Entscheidungen.
Quelle: www.eca.europa.eu: Sonderbericht 5/21; KIT, https://www.sek.kit.edu/kit-experten_koch.php