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Der Horror nicht nur für Fahrlehrer: Schlaganfall! Und was nun?

Vorliegender Beitrag beschäftigt sich, auch vor dem Hintergrund des sich stetig erhöhenden Durchschnittsalters der Fahrlehrerschaft, mit den berufsrechtlichen Konsequenzen, die sich für Fahrlehrer ergeben, wenn sie einen Schlaganfall (med.: Apoplex) erleiden. Die sich in einem solchen Fall für die Fahrschulerlaubnis ergebenden Konsequenzen beleuchten wir in der nächsten Fahrlehrerpost.

Problem
Fahrerlaubnisverordnung (FeV)
Problematisch könnte dies insofern werden, als dadurch die geistige oder körperliche Eignung zum Führen von KFZ gemäß Anlage 4 (zu den §§ 11, 13 und 14) zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) in Frage gestellt sein könnte.

Die Aufstellung in Anlage 4 zur FeV enthält häufiger vorkommende Erkrankungen und Mängel, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können (siehe Vorbemerkung Nr. 1. Satz 1 der Anlage 4 zur FeV). Ein Schlaganfall stellt eine Durchblutungsstörung im Gehirn dar und findet sich in der Anlage 4 zur FeV unter der Nummer 6.4, bezeichnet als „Kreislaufabhängige Störungen der Hirntätigkeit“.

Liegt eine solche Störung vor, sind die Betroffenen zwar „nach erfolgreicher Therapie und Abklingen des akuten Ereignisses ohne „Rückfallgefahr“ weiterhin zum Führen von Kfz der A-, B-, L- und T-Klassen geeignet, nicht aber zum Führen von Kfz der C- und D-Klassen. Weshalb die fehlende Eignung zum Führen von Kfz dieser Klassen zum Problem für Fahrlehrer werden könnte, wird im Folgenden dargestellt.
Zwingende Voraussetzung für den Berufszugang: Geistige und körperliche Eignung
Um Fahrlehrer zu werden, müssen Bewerber nicht nur eine lange und anspruchsvolle Ausbildung absolvieren und ihre fachliche und pädagogische Eignung in mehreren Prüfungen unter Beweis stellen, sondern sie müssen gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Fahrlehrergesetzes (FahrlG) auch geistig und körperlich für diesen Beruf geeignet sein. Bei der Antragstellung auf Erteilung einer Fahrlehrerlaubnis muss die geistige und körperliche Eignung gegenüber der Erlaubnisbehörde nachgewiesen werden. Dies geschieht entweder durch ein Zeugnis oder Gutachten, dass beim Bewerber die für die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse C1 erforderlichen Voraussetzungen vorliegen oder durch Vorlage eines gültigen, nach dem 31.12.1998 erworbenen Führerscheins der C- oder D-Klassen (siehe § 4 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 und Absatz 2 FahrlG). Im Umkehrschluss bedeutet das: Wer die körperliche und geistige Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis der C- oder D-Klassen nicht erfüllt, kann grundsätzlich kein Fahrlehrer werden.

Keine Erteilung für die Ewigkeit
Da seit dem Jahre 2018 für die Erteilung und den Fortbestand der Fahrlehrerlaubnis im Gegensatz zu der Zeit bis Ende 2017 die Fahrerlaubnis der Klasse CE, die alle fünf Jahre erneuert werden musste, nicht mehr vorausgesetzt wird – wodurch automatisch das Fortbestehen der körperlichen und geistigen Eignung sichergestellt war – hat der Gesetzgeber nun in § 11 FahrlG geregelt, dass jeder Fahrlehrer alle fünf Jahre seine körperliche und geistige Eignung nachweisen muss. Dies geschieht wie bei der Beantragung der Fahrlehrerlaubnis entweder durch Zeugnis oder Gutachten (§ 11 Absatz 1 FahrlG) oder durch die Vorlage eines C- oder D-Klassen Führerscheins, der nach 1998 erteilt worden sein muss und nicht älter als fünf Jahre sein darf oder innerhalb der letzten fünf Jahre verlängert worden sein muss (§ 11 Absatz 2 FahrlG). So ist sichergestellt, dass die körperliche und geistige Eignung aufrecht erhalten bleibt bzw. die Behörde Kenntnis davon erlangt, soweit dies nicht mehr der Fall sein sollte.

Folgen des Wegfalls der
körperlichen und
geistigen Eignung
Welche Folgen ergeben sich aber für Fahrlehrer, wenn die körperliche oder geistige Voraussetzung für die Erteilung der Fahrerlaubnis der C- oder D-Klassen nach Erteilung der Fahrlehrerlaubnis wegfällt? Diese Folgen können für den Betroffenen dramatisch sein. Denn § 14 Absatz 2 Satz 1 FahrlG schreibt insbesondere vor, dass die Fahrlehrerlaubnis zu widerrufen ist, wenn nachträglich die Erteilungsvoraussetzung nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, also die körperliche und geistige Eignung, weggefallen ist. Die gesetzliche Formulierung „…ist zu widerrufen…“ bedeutet, dass die Behörde hier keinen Ermessensspielraum hat. Sie muss in diesem Fall zwingend die Fahrlehrerlaubnis widerrufen. Lange Rede, kurzer Sinn: Wem die geistige und körperliche Voraussetzung für die Erteilung der Fahrerlaubnis für die C-Klassen abhandenkommt, dem muss die Behörde die Fahrlehrerlaubnis widerrufen.

Ausnahmemöglichkeiten
im FahrlG
Im Gegensatz zur „alten“ gesetzlichen Regelung bis Ende 2017 ist seit Inkrafttreten des neuen Fahrlehrergesetzes am 01.01.2018 bei der Erteilung der Fahrlehrerlaubnis ein Absehen von den Anforderungen an die geistige und körperliche Eignung gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 FahrlG im Wege der Einzelausnahme nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b FahrlG möglich. Eine solche Möglichkeit hat der Gesetzgeber auch für die Fälle geschaffen, in denen nach Erteilung der Fahrlehrerlaubnis die körperliche und geistige Eignung nachträglich wegfällt, indem er mit § 54 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine Ausnahme von der Vorschrift des § 11 Absatz 1 ermöglicht, ggf. durch die Beschränkung der Fahrlehrerlaubnis auf theoretischen Unterricht (was für die Betroffenen aber auch keine wirtschaftlich dauerhaft tragfähige Lösung darstellt).

Allerdings dürfen diese Ausnahmen nur genehmigt werden, wenn Gründe der Verkehrssicherheit nicht entgegenstehen (§ 54 Absatz 1 Satz 3 FahrlG). Für die Zulassung von Ausnahmen steht der Behörde ein Ermessensspielraum zu. Es besteht somit kein Anspruch auf Genehmigung einer Ausnahme. Bei einer Entscheidung über eine Ausnahme ist immer eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der jeweiligen Vorschrift und des Betroffenen an einer Ausnahmeregelung erforderlich (vgl. Dauer, Fahrlehrerrecht, 2. Auflage 2020, Anmerkung 2 zu § 54 FahrlG).

Ausnahme nach der
Fahrerlaubnisverordnung
In die Abwägung einzubeziehen ist insbesondere, ob die durch den Schlaganfall verursachten Schädigungen der Betroffenen, wie dies in der Vorbemerkung 3 zu Anlage 4 (zu den §§ 11, 13v und 14) FeV geregelt ist, möglicherweise ausgeglichen werden können.

Vorbemerkung 3 zu Anlage 4 FeV lautet: „Die nachstehend vorgenommenen Bewertungen gelten für den Regelfall. Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen sind möglich. Ergeben sich im Einzelfall in dieser Hinsicht Zweifel, kann eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein.“

Nach der hier vertretenen Ansicht hat die Behörde im Rahmen der erforderlichen Abwägung über die Genehmigung einer Ausnahme auch die Vorlage ärztlicher Gutachten oder Zeugnisse anzuordnen, wie ihr dies hinsichtlich Eignungszweifeln oder Bedenken in den Vorschriften der §§ 11 Absatz 3 Satz 2, 4 Absatz 3 Satz 2 bis 4 und Absatz 4 FahrlG eingeräumt wurde. Im Rahmen einer solchen Begutachtung kann insbesondere überprüft werden, ob die in Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV genannten Kompensationen beim Betroffenen eingetreten sind. In diesem Falle könnte die körperliche und geistige Eignung wiederhergestellt, sozusagen deren Wegfall weggefallen sein. Nach persönlicher Erfahrung des Autors wird die Regelung der Vorbemerkung 3 zu Anlage 4 FeV von den Behörden gerne übersehen.
Fazit
Es bleibt also festzuhalten, dass ein Schlaganfall einen Fahrlehrer grundsätzlich der geistigen und körperlichen Eignung zu seinem Beruf beraubt.

Gleichwohl besteht aber die Möglichkeit den Beruf weiterhin auszuüben, sei es unter Auflagen oder versehen mit Einschränkungen – oder eben ohne diese. In jedem Fall ist es aber ratsam, sich von einem fachlich versierten und auf das Fahrlehrerrecht spezialisierten Anwalt beraten oder vertreten zu lassen.

Dietrich Jaser
Rechtsanwalt
Spezialist für Fahrlehrerrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
www.fahrlehrerrecht.com

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