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OSFA II – Stellungnahme des IDF an das Bundesverkehrsministerium Infoveranstaltung zum Projekt OFSA II

IDF kritisiert OFSA II-Projekt scharf

Ende letzten Jahres war der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) vom Verkehrsministerium zur Teilnahme an einer Videokonferenz eingeladen, in der das laufende Projekt „Optimierte Fahrschüler-Ausbildung-II“ (OFSA II- Projekt) erläutert wurde. Dieses Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die Fahrschülerausbildung zu reformieren. Nachfolgend finden Sie die Stellungnahme des IDF, die dem BMDV zeitnah zur Veranstaltung übermittelt wurde.

OSFA II – Stellungnahme des IDF an das
Bundesverkehrsministerium
Infoveranstaltung zum Projekt OFSA II

„Sehr geehrte Frau…
besten Dank für die Möglichkeit einer Stellungnahme zum o.g. Projekt.
Aus gegebenem Anlass verzichten wir, an dieser Stelle alle Punkte der geplanten Veränderungsvorschläge zu kommentieren, werden bei Bedarf jedoch zu gegebenem Zeitpunkt auf weitere Punkte eingehen. Wir haben aktuell auch trotz bedenklicher Verquickungen bewusst auf Nennung von Namen und Organisationen, die nach unseren Recherchen seit Jahren als „Netzwerk“ agieren, verzichtet.

Nachfolgend erläutern wir einige Kritikpunkte:

Weltweit liegt das höchste Unfallrisiko im Straßenverkehr bei der Gruppe der Fahranfänger, die klar von Jugendlichen dominiert wird. Ihr Risikobewusstsein ist häufig weniger stark ausgeprägt, während die Risikobereitschaft erhöht ist. Dadurch überschätzen sie oft ihre Fähigkeiten, in kritischen Situationen angemessen zu reagieren. Drohende Unfallgefahren werden häufig aufgrund unzureichender Fahrpraxis und daraus resultierender Erfahrungen nicht erkannt oder schlicht unterschätzt. Zunehmende Fahrerfahrung trägt maßgeblich für eine positive Veränderung bei, die sich auch deutlich in Unfallstatistiken niederschlägt. (Anm. der Redaktion: siehe dazu Anlage 1)

Anlage 1: Getötete 18- bis 24-Jährige bei Straßenverkehrsunfällen, Quelle: destatis.de
Anlage 1: Getötete 18- bis 24-Jährige bei Straßenverkehrsunfällen, Quelle: destatis.de

Was die Ausbildungsqualität der Fahrschulen in Deutschland anbelangt, so belegt sie unbestritten international einen der Spitzenplätze.

Optimales Qualitätsmanagement kann jedoch mangelnde Erfahrungen als Teilnehmer am Straßenverkehr und den damit verbundenen Erfahrungserwerb nicht ersetzen und wenn überhaupt nur marginal beeinflussen. Dieser maßgebliche Parameter würde sich ebenso wenig durch eine vom Gesetzgeber vorgegebene Mindeststundenanzahl – den Ausbildungsumfang der Grundausbildung betreffend – positiv beeinflussen lassen.

Die bisher größte experimentelle Studie zur Fahrausbildung, die sogenannte DeKalb-Studie vom DeKalb-County in Georgia belegt eindrucksvoll, dass ab einem bestimmten Ausbildungsstandard weder eine weitere Vertiefung pädagogischer Kompetenzen der Lehrer, noch die Einführung von ausgefeilten Curricula und ebenso wenig eine Verlängerung der Ausbildung der Fahrlehrerlaubnisbewerber geeignete Gegenmaßnahmen für eine Verringerung der Unfallquote darstellen.

Folglich sind nach den Ergebnissen dieser Studie von einer Optimierung der Fahranfängerausbildung in Deutschland keinerlei positive Effekte auf die Senkung der Unfallhäufigkeit von Fahranfänger*innen zu erwarten.

Dem IDF ist es daher unverständlich, dass nach wie vor Projektarbeiten zu dieser Thematik weiter vorangetrieben werden, u.a. auch von aus unserer Sicht nicht unbedingt uneigennützig agierenden Experten.

Bestimmte Gruppierungen versuchen nach wie vor die Ausbildungsqualität von Fahrlehrer*innen sowie die Fahrschülerausbildungsordnung seit Jahren kontinuierlich in Frage zu stellen. Man scheut sich auch nicht, wissenschaftliche Expertisen zu erstellen, um offensichtlich eigene Interessen durchzusetzen. So wurde beispielsweise mit dem neuen Fahrlehrergesetz 2018 die pädagogische Überwachung von Fahrlehrer*innen eingeführt, und zwar auf Basis eines Gutachtens. In eben diesem Gutachten wird behauptet, die pädagogische Überwachung hätte sich in denjenigen Bundesländern, in denen sie bereits seit mehreren Jahren eingeführt war, bewährt. Allerdings zeigte ein Blick in die Statistik des KBA, dass gerade diese Bundesländer sehr hohe über dem Durchschnitt liegende Nichtbestehensquoten aufwiesen.

Außerdem wurde in dem Gutachten von den Verfassern vor der bundesweiten Einführung der pädagogischen Überwachung behauptet, dass diese geplante Maßnahme bei der Fahrlehrerschaft mit überwiegend positiver Resonanz einhergehe und auf hohe Akzeptanz stoße. In einer Umfrage des Interessenverbands Deutscher Fahrlehrer sprachen sich jedoch 92 Prozent der Befragten klar gegen eine derartige Maßnahme aus, für uns mehr als nachvollziehbar, denn wer will sich freiwillig einer wie auch immer gearteten Kontrolle seiner Arbeit unterziehen?

Um die Fahrschulüberwachung in Deutschland möglichst schnell auf einem einheitlich hohen Niveau durchführen zu können und die damit verbundenen Chancen auf die Förderung der Ausbildungsqualität in Fahrschulen rasch zu nutzen, enthielt dieses Gutachten auch die Empfehlung, unbedingt auf bereits vorliegende angeblich wissenschaftlich begründete und erprobte Methoden der Fahrschulüberwachung einschließlich der damit verbundenen Materialien für die Behörden, Sachverständigen (Überwachungspersonal) und Fahrschulen zurückzugreifen. Zufällig waren Gutachtenersteller und Autoren dieser Konzepte dieselben Personen. Darüber hinaus waren sie zum Zeitpunkt der Empfehlung die einzigen Anbieter derartiger Materialien. Diese Umstände dürften einige Zweifel rechtfertigen, dass es zumindest nicht nur um die Steigerung der Verkehrssicherheit ging, sondern auch pekuniäre Interessen damit verbunden waren. Daher bezweifeln wir die Objektivität derartiger Gutachten und finden es prekär, sie zur Rechtfertigung gesetzlicher Regelungen mit heranzuziehen.

Auch die deutsche Statistik der im Straßenverkehr getöteten 18 bis 24-Jährigen untermauert den hohen Qualitätsstandard der Fahrschulausbildung. Während im Jahr 2000 noch 1736 getötete Jugendliche in dieser Altersklasse zu verzeichnen waren, sank die Zahl für 2020 auf 362. (Anm. der Redaktion: siehe dazu Anlage 1)

Im Zusammenhang mit der angeblichen Kausalität von weiterer Optimierung der Ausbildung und Rückgang der Unfallzahlen wird insbesondere auch auf das Nachbarland Österreich verwiesen. Dort wurde 2003 zur Optimierung der mit Deutschland vergleichbaren Fahrerlaubnisausbildung die sogenannte Mehrphasenausbildung eingeführt. Seit diesem Zeitraum hat sich zwar die Zahl der tödlich verunglückten jugendlichen Fahrzeuglenker in Österreich auf 25 Prozent verringert, aber ein noch größerer Effekt (Rückgang auf 20 Prozent) zeigt sich in Deutschland, ohne Veränderung der Ausbildung. Somit korrelieren zwar Verkehrstote und Veränderung der Ausbildung, aber sie stellen keine Kausalität dar!

Daher spricht sich der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) wissenschaftsbegründet vehement gegen eine eventuelle Verlängerung der Ausbildung von Fahrerlaubnisbewerber*innen und vehement gegen eine Veränderung des bisherigen optimal bewährten Ausbildungssystems aus.

Derartige Maßnahmen würden zudem zu erheblichen Kostensteigerungen des Erwerbs der Fahrerlaubnis führen. Bedauerlicherweise vertreten andere Fahrlehrerverbände eine konträre Meinung.

Aus der Präsentation der Infoveranstaltung OFSA II geht hervor, dass Verkehrsverlage für die empirische Ist- Stands- Analyse Daten aus ihren Lernmanagementsystemen, die von Fahrschulen käuflich erworben wurden, zur Verfügung stellen. Somit repräsentiert diese Datenerhebung keinesfalls die gesamte Fahrlehrerschaft. Außerdem stellt sich die Frage, ob Verkehrsverlage mit ihren Produkten die Arbeitsweise ihrer Kunden ausspähen. In diesem Falle wäre ggf. gerichtlich zu klären, ob dafür die Einwilligung der Betroffenen erforderlich ist, und ob entsprechende datenschutzrechtliche Bestimmungen eingehalten werden.
Generell sehen wir den Zugriff auf Daten von Fahrschulen durch Verkehrsverlage, auch wenn diese in einem Verkehrssicherheitsverein organisiert sind, als sehr problematisch an, zumal deren Auswertung zugunsten von wirtschaftlichen Interessen geprägt sein dürfte.

Ein weiterer Kritikpunkt ergibt sich für den Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) aus der geplanten Einführung der elektronischen Lernstandsbeurteilung (eLBe). Wir können für die Übernahme in das gesetzliche Regelwerk keinerlei plausible Begründung in Erfahrung bringen.

Es wird immer wieder die Behauptung in den Raum gestellt, dass die Fahrlehrerschaft den Lernstand ihrer Fahrerlaubnisbewerber*innen nicht oder zumindest unzureichend dokumentieren würde. Diese Annahme entbehrt zunächst einmal einer jeglichen wissenschaftlichen Überprüfung. Nach unseren Recherchen fehlen dazu statistisch erforderliche Datensätze.

Anfragen bei zuständigen Ministerien in den jeweiligen Bundesländern durch den Interessenverband Deutscher Fahrlehrer*innen haben ergeben, dass keine verwertbaren Statistiken bezüglich des Fehlverhaltens der Fahrlehrer*innen bei der Dokumentation des Lernstands geführt werden.

Auch die Befragung von Sachverständigen in mehreren Bundesländern durch den IDF ergab, dass im Rahmen der durchgeführten Fahrschulüberwachungen die überwiegende Mehrzahl der überwachten Fahrlehrer*innen ordnungsgemäße Lernstandsbeurteilungen nachweisen konnte. Zudem wird die konkrete Dokumentation des Ausbildungsstands vom Gesetzgeber nicht bis ins letzte Detail vorgeschrieben. Sie liegt im Ermessen der einzelnen Fahrlehrkraft, wobei persönliche Notizen dazu wesentlich passgenauer auf Fahrerlaubnisbewerber*innen abgestimmt werden können, als dies (elektronische) Auswahlmöglichkeiten vorweggenommener Formulierungen vermögen.

Mehr als bedenklich sehen wir jedoch den Umstand, dass ein an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät einer Universität außerplanmäßig ernannter Professor im Osten Deutschlands am 10. März 2020 in München bei einem Verkehrsverlag Vertretern der Fahrlehrerausbildungsstätten und der Fahrlehrerverbände dieses Beurteilungskonzept vorgestellt hat und in diesem Zusammenhang auf kritische Nachfragen erklärt hat, er habe schließlich für die Finanzierung des Projekts eLBe einen Kredit aufgenommen.

Bemerkenswert nur, dass es sich wieder einmal mehr um dieselbe Person handelt, die das Gutachten zur Einführung der pädagogischen Fahrschulüberwachung mit erstellt hat. Dies lässt unweigerlich den Schluss zu, dass die „Wissenschaft“ ein klares wirtschaftliches Interesse hat, die Aufnahme von eLBe in das gesetzliche Regelwerk uneingeschränkt zu befürworten und mit Verkehrsverlagen in mehrfacher Hinsicht eng zu kooperieren. Nach unserem Dafürhalten sind Informationen von Organisationen, die von der Intention geleitet werden, mit dem Begriff „Verkehrssicherheit“ in erster Linie „Geld“ zu verdienen, generell von Entscheidungsfindungsprozessen auszuschließen.

Daher kann der IDF keinerlei Notwendigkeit erkennen, die bisherige Reglung der individuellen Lernstandsbeurteilung durch eLBe zu ersetzen und verbindlich vorzuschreiben. Um mittels belastbarer Fakten aufzuzeigen, wie die Fahrlehrerschaft das bestehende Ausbildungssystem und geplante Änderungen einschätzt, führt der IDF eine noch laufende Umfrage durch, deren Ergebnis zum augenblicklichen Zeitpunkt Sie im Anhang finden (knapp 1000 Befragte). (Anm. der Redaktion: siehe dazu Anlage 2)

Wir wären Ihnen sehr verbunden, diese Ergebnisse der „Basis“ und unsere oben erläuterten Kritikpunkte in Ihre Entscheidungsfindung mit einzubeziehen.

Mit freundlichen Grüßen
Interessenverband
Deutscher
Fahrlehrer“

Jedenfalls ergab unsere Umfrage sehr deutlich, dass die meisten Fahrlehrer*innen mit der bestehenden Regelung zur Fahrschülerausbildung sehr zufrieden sind. Sie sprechen sich auch mehrheitlich gegen eine verbindliche Einführung von online-Unterricht und den Einsatz von Fahrsimulatoren aus und lehnen eine Verlängerung der Probezeit klar ab. Was den von der arge tp21 mit jährlich über 1,7 Millionen Euro Etat gepflegten Fragenpool zur Theorieprüfung angeht, so finden ihn nicht einmal zehn Prozent der Befragten für gut, und über 90 Prozent geben an, dass er auch schwer verständliche Fragen enthält.

Bleibt nur zu hoffen, dass zumindest bei den zukünftigen anstehenden Änderungen endlich auch diejenigen gebührend gehört werden, die täglich mit der Praxis konfrontiert sind.
Wer sich selbst ein Bild über die geplanten Veränderungen in der Fahrschülerausbildung machen will, findet unter nachfolgendem Link den Originalbericht der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) unter dem Titel „Ausbildungs- und Evaluationskonzept zur Optimierung der Fahrausbildung in Deutschland“: https://www.bast.de/DE/Publikationen/Fachveroeffentlichungen/Fachveroeffentlichungen-U_node.html

Anlage 2 – Seite 1

Anlage 2 Teil 1

Anlage 2 – Seite 2

Anlage 2 Teil 2
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