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Zu überwachendes Seminar kurzfristig ausgefallen: Keine Überwachungsgebühr fällig

Der Kläger, Inhaber einer Fahrschule, informierte im Jahr 2017 die Führerscheinbehörde des zuständigen Landratsamtes über eine geplante Weiterbildung nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz. Diese beauftragte ohne Kenntnis des Fahrschulinhabers einen Sachverständigen, diese Veranstaltung zu überwachen.

Einen Abend vor der geplanten Veranstaltung sagte jedoch das Transportunternehmen, dessen Kraftfahrer alleinig als Teilnehmer angemeldet waren, ab. Davon wurden vom Fahrschulinhaber tags darauf weder das Landratsamt, der Treuhandverein noch der Überwacher in Kenntnis gesetzt.

Das Landratsamt erließ dennoch einen Gebührenbescheid über knapp 300 Euro, gegen den der Betroffene Widerspruch einlegte. Das Regierungspräsidium Freiburg wies diesen Widerspruch zurück. Es begründete seine Entscheidung damit, dass der Kläger dem Treuhandverein die Absage hätte telefonisch mitteilen müssen, auch außerhalb der Büroöffnungszeiten über einen geschalteten Anrufbeantworter. Daraufhin zog der Betroffene vor das Verwaltungsgericht Freiburg und beantragte die Aufhebung des Gebührenbescheids.
Er gab an, für den Ausfall des Kurses nicht verantwortlich zu sein und auch keine Möglichkeit gehabt zu haben, den Treuhandverein oder den bestellten Sachverständigen hiervon zu benachrichtigen. Das Gericht bestätigte jedoch die Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheids und gab an, dass dieser Bescheid auf § 6a Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe e) des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr, Nummer 346 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) beruht. Es wies darauf hin, dass der Gebührentatbestand nicht voraussetzt, dass die Überwachung des Kurses am festgesetzten Termin tatsächlich stattgefunden hat. Außerdem sehe Nummer 346 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr seit dem 11. 03. 2019 vor, dass die Gebühr auch dann zu entrichten sei, wenn die Überwachung ohne Verschulden der Überwachungsbehörde und ohne ausreichende Entschuldigung des Inhabers der Ausbildungsstätte nicht habe stattfinden können. Diese Entschuldigung erfolgte jedoch vom Kläger nicht. Seine Begründung, dass ihm weder eine E-mailadresse noch eine Telefonnummer des Treuhandvereins bekannt gewesen seien, entkräftete das Verwaltungsgericht mit dem Hinweis auf die Homepage des Vereins, aus der relevante Kontaktdaten ersichtlich seien und wies seine Klage unter Zulassung einer Berufung ab.

Der Kläger wandte sich daraufhin an den Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg. Er begründete seine Anfechtung des Urteils damit, dass die Gebühr nach Nummer 346 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr nicht entstehe, wenn die Überwachungsmaßnahme nicht stattgefunden habe. Der hier nach § 6a Abs. 3 StVG anwendbare § 11 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) in der bis zum 14. 08. 2013 maßgeblichen Fassung bestimme, dass die Gebühr erst mit der Beendigung der gebührenpflichtigen Amtshandlung erhoben werden darf. Dafür spreche auch die Tatsache, dass der Gebührentatbestand nach Nummer 346 mit Wirkung vom 11.03.2019 dahingehend erweitert worden sei, dass die Gebühr auch dann zu entrichten sei, wenn die Überwachung ohne Verschulden der Überwachungsbehörde und ohne ausreichende Entschuldigung des Inhabers der Ausbildungsstätte nicht habe stattfinden können. Dies lasse den Rückschluss zu, dass die Gebühr nach der älteren maßgeblichen Fassung nur dann habe anfallen können, wenn die zu überwachende Fortbildungsmaßnahme tatsächlich stattgefunden habe. Das ergebe sich auch aus einem Vergleich mit dem Gebührentatbestand zu Nummer 308.2 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr, der bereits zum hier maßgeblichen Zeitpunkt im Jahr 2017 diese Erweiterung enthalten habe.

Das beklagte Landratsamt verteidigte das angefochtene Urteil und vertrat die Meinung, dass weder die Nummer 346 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr in der hier maßgeblichen Fassung noch die seit 11.03.2019 geltende Fassung für eine Gebührenerhebung die tatsächliche Durchführung der Überwachung voraussetze. Bereits das Ansetzen zur Überwachung – wie hier geschehen – sei gebührenpflichtig. Außerdem sei die Gebühr nicht nur für die Tätigkeit des Sachverständigen vor Ort zu entrichten, sondern erfasse auch die Vorbereitung der Überwachung und die Fahrzeit des Überwachers, der ja vor Ort gewesen sei. Zudem besage § 3 Nr. 2 des Landesgebührengesetzes (LGebG), dass die Gebührenschuld bei nicht antragsgebundenen Leistungen bereits mit deren Beginn entstehe. Auch nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 des Bundesgebührengesetzes (BGebG) entstehe die Gebührenschuld auch dann, wenn eine individuell zurechenbare Leistung aus Gründen, die der Betroffene zu vertreten habe, nicht zum festgesetzten Termin erbracht werden könne oder abgebrochen werden müsse. Der Grund dafür, dass die Überwachung nicht stattgefunden habe, liege beim Kläger. Er hätte mit einer Überwachung seiner angemeldeten Veranstaltung rechnen müssen und deshalb den Treuhandverein über den Ausfall des Kurses informieren müssen. Die Tatsache, dass der Weiterbildungskurs kurzfristig abgesagt werden musste, könne nicht zu Lasten der Überwachungsbehörde gehen.

Der 2. Senat des VGH Baden-Württemberg gab der Berufung des Klägers statt und erklärte sowohl den Bescheid des Landratsamts als auch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg für rechtswidrig, da sie den Kläger in seinen Rechten nach § 113 Abs. 1 Satz 1 der VwGO verletzen. Dabei stützte der VGH seine Entscheidung auf diverse frühere Urteile.

Der allein hier in Betracht kommende Gebührentatbestand nach Nummer 346 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr (Straßenverkehrsgebührenordnung Anlage zu § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr) ist nicht erfüllt. Eine Kostenschuld könne nur entstehen, wenn die ihr zugrundeliegende Amtshandlung rechtmäßig war.

Als Rechtsgrundlage für die eine Kostenschuld auslösende beabsichtigte Maßnahme kommt hier nur § 7b Abs. 1, Abs. 3 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des bis zum 01.12.2020 geltenden Berufskraftfahrerqualifikationsgesetztes 2006 in Betracht. Danach hat die zuständige Behörde die Aus- und Weiterbildung durch anerkannte Fahrschulen im Rahmen der beschleunigten Grundqualifikation für Berufskraftfahrer zu überwachen, weshalb die vom Landratsamt angeordnete Überwachung zweifelsfrei rechtmäßig war.

Eine dafür im Straßenverkehrsgesetz (StVG) anzusetzende Gebühr kann jedoch nur erhoben werden, wenn die beabsichtigte Überwachungsmaßnahme stattgefunden hätte. Auch nach § 11 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) entsteht die Gebührenschuld – falls erforderlich – bei Antrag der gebührenpflichtigen Amtshandlung, im Übrigen aber erst nach ihrer Beendigung. Die Überwachung erfordert jedoch keinen Antrag, sodass die Gebührenschuld nur mit ihrer Beendigung entsteht. Dazu hätte sie durchgeführt werden müssen. Die Terminauswahl und Beauftragung des Treuhandvereins durch die Behörde löst die Gebührenpflicht nicht aus.

Außerdem stellte der VGH klar, dass Maßnahmen, die eine gebührenpflichtige Amtshandlung nur vorbereiten, selbst nicht gebührenpflichtig sind. Dies ergibt sich auch aus § 6a Abs. 4 StVG für die Berufskraftfahrerqualifikation. Auch hier wird darauf verwiesen, dass Gebühren ohne Beendigung der Amtshandlung (hier Überwachung) nur anfallen, wenn sie wegen fehlender Entschuldigung des Bewerbers nicht stattfinden konnten oder abgebrochen werden mussten.

Diese Begründung geht auch aus der Auslegung des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) hervor. Das VGH verwies insbesondere auf die Nummern 308.1 und 308.2.

Dadurch wird auch die Begründung des Beklagten (Landratsamt), die sich auf die Ergänzung der Gebührennummer 346 (siehe Dreizehnte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften und Drucksache Bundesrat 600/18 (B) S. 14) bezieht, hinfällig. Damit wurde, so das Gericht, nicht die Rechtslage geändert, sondern es erfolgte lediglich eine Klarstellung des bereits Geltenden. Auch hier wird darauf verwiesen, dass die Gebühr bei nicht erfolgter Überwachung und fehlendem Verschulden der Behörde nur dann fällig wird, wenn durch den Betroffenen keine ausreichende Entschuldigung erfolgte, bzw. wenn sie nicht zu Ende geführt werden konnte.

Weiter stellte der VGH klar, dass die Neuregelung durch die Dreizehnte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften rechtswidrig (!!) ist, da sie in § 6a Abs. 4 StVG keine Rechtsgrundlage findet. Aus seinem Wortlaut ergibt sich nur, dass eine Ausweitung der Gebührenpflicht für solche Amtshandlungen möglich ist, die eine Bewerbung oder einen Antrag voraussetzen; dann ermöglicht das Gesetz das Entstehen von Gebühren für Amtshandlungen, die ohne ausreichende Entschuldigung des Bewerbers oder Antragstellers am festgesetzten Termin nicht stattfinden konnten oder abgebrochen werden mussten. Dies ist jedoch gerade bei den Überwachungsmaßnahmen nach § 7 BKrFQG 2006 nicht der Fall, da sie weder eine Bewerbung noch eine Antragstellung voraussetzen. Danach ermöglicht es § 6 Abs. 4 StVG nicht, Gebühren für Amtshandlungen zu erheben, die ohne ausreichende Entschuldigung des Inhabers der Ausbildungsstätte nicht stattfinden oder nicht beendet werden konnten. Genau dies sieht jedoch die Erweiterung des Gebührentatbestands zu Nummer 346 GebOSt nun vor. Außerdem sprechen Sinn und Zweck von § 6 Abs. 4 StVG gegen die Rechtmäßigkeit der Änderung von Gebührennummer 346. Auch hier wird darauf verwiesen, dass eine Gebührenerhebung dann zulässig ist, wenn der Amtshandlung eine Bewerbung vorausgeht oder wenn sie ohne Verschulden der Behörde und ohne ausreichende Entschuldigung des Bewerbers nicht stattfinden konnte bzw. abgebrochen werden musste. Nur dann können ihm gegenüber bereits entstandene Verwaltungskosten geltend gemacht werden. Nichts davon treffe aber auf den vorliegenden Fall zu, so der VGH.
Damit entlastete er den Kläger von allen Gebührenforderungen, gab seiner Berufung in allen Punkten statt und ließ auch keine Revision zu.

Quellen: VG Freiburg, Az. 2 K 7000/18; VGH Baden-Württemberg, Az. 2 S 2781/21

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