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Schlaganfall – das berufliche Aus für Fahrlehrer?

In unserem Beitrag in Fahrlehrerpost Nr. 1/2022 haben wir darauf hingewiesen, dass ein Schlaganfall (med.: Apoplex) Auswirkungen auf die geistige oder körperliche Eignung zum Führen von KFZ haben kann, was zur Folge hat, dass die Betroffenen zwar „nach erfolgreicher Therapie und Abklingen des akuten Ereignisses ohne Rückfallgefahr“ weiterhin zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A, A1, A2, B, BE, AM, L, T nicht aber zum Führen von Kfz der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und FzF geeignet sind. Das hat erhebliche, ja teils dramatische Folgen für die Betroffenen und deren Fahrlehrerlaubnis.

Denn nach der gesetzlichen Regelung in § 11 Absatz 1 des Fahrlehrergesetzes (FahrlG) muss seit 2018 jede(r) Fahrlehrer(in) für den Fortbestand der Fahrlehrerlaubnis alle fünf Jahre seine körperliche und geistige Eignung nachweisen. Dies geschieht wie bei der Beantragung der Fahrlehrerlaubnis entweder durch Vorlage eines Zeugnisses oder eines Gutachtens. Der Nachweis kann gemäß § 11 Absatz 2 FahrlG auch durch die Vorlage eines Führerscheins der Klassen C1, C1E, C, CE, D1, D1E, D oder DE, der nach 1998 erteilt worden sein muss und nicht älter als fünf Jahre sein darf oder innerhalb der letzten fünf Jahre verlängert worden sein muss, erbracht werden. Nach einem Schlaganfall wird dies nicht mehr möglich sein.

Warum? Ein Schlaganfall stellt eine Durchblutungsstörung im Gehirn dar und ist damit eine kreislaufabhängige Störung der Gehirntätigkeit. Problematisch ist dies insofern, als gemäß Nummer 6.4 der Anlage 4 (zu den §§ 11, 13 und 14) der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) bei kreislaufabhängigen Störungen der Hirntätigkeit eine Eignung zum Führen von Kfz der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und FzF nach einem Schlaganfall nicht mehr gegeben ist.

Dies wird von den Erlaubnisbehörden rigoros gehandhabt. Das bedeutet, dass die Behörde, sobald sie Kenntnis von einem Schlaganfall erlangt, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens im Hinblick auf die Fahreignung in den Fahrerlaubnisklassen A, A1, A2, B, BE, AM, L, T verlangen wird. Sofern der Schlaganfall und dessen geistige und körperliche Konsequenzen dort bestätigt werden, kann es sein, dass die Fahreignung hinsichtlich dieser Klassen möglicherweise ganz oder teilweise oder mit Hilfsmitteln erhalten bleibt.

Auf die Fahreignung in den C- und D- Klassen und damit die Fahrlehrerlaubnis hat dies jedoch keine Auswirkung. Die Fahreignung in diesen Klassen ist nach einem Schlaganfall gemäß Nr. 6.4 der Anlage 4 zur FeV nicht mehr gegeben. Damit entfällt die Voraussetzung der körperlichen und geistigen Eignung gemäß §§ 2 Absatz 1 Nummer 2 und 11 Absatz 1 FahrlG für die Erteilung der Fahrlehrerlaubnis. Die Folge daraus ist, dass die Fahrlehrerlaubnis von der Behörde gemäß § 14 Absatz 2 FahrlG widerrufen werden muss.

Einen Lichtblick für den oder die Betroffenen gibt es dennoch: Denn in der Regel übersehen die Behörden, wie jüngst in einem vom Autor dieser Zeilen vertretenen Fall geschehen, die Vorbemerkung Nummer 3 zu der Auflistung in Anlage 4 zur FeV. Diese lautet:

„3. Die nachstehend vorgenommenen Bewertungen gelten für den Regelfall. Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen sind möglich. Ergeben sich im Einzelfall in dieser Hinsicht Zweifel, kann eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein.“

Grundsätzlich werden in den Fragestellungen, die die Behörden den Aufträgen zu medizinisch-psychologischen Begutachtungen zugrunde legen keine solchen Zweifel auch nur ansatzweise in Erwägung gezogen. Darauf muss der Betroffene selbst drängen und sollte sich hierbei unbedingt eines fachlich versierten im Fahrlehrerrecht erfahrenen Rechtsanwaltes bedienen. Denn es liegt durchaus im Rahmen des Möglichen, dass beim Betroffenen eine solche Ausnahme vom Regelfall, wie Vorbemerkung Nummer 3 zur Anlage 4 FeV geregelt, vorliegt.

So verhielt sich dies auch im oben erwähnten Fall. Der Fahrlehrer hatte eine Lähmung der rechten Hand zu beklagen. Dies hinderte ihn aber nicht daran, auch Pkw mit Schaltgetriebe zu fahren. Die Behörde interessierte sich nicht dafür. Auch nicht für ein vom Fahrlehrer vorgelegtes Gutachten, das ihm bescheinigte, dass er in der Lage war Pkw mit Schaltgetriebe zu fahren und dass eine solche Kompensation, wie in Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 FeV geregelt, vorlag. Die Behörde erklärte das Gutachten des Verkehrsmediziners als nicht verwertbares „Privatgutachten“ (quasi als Gefälligkeitsgutachten) und widerrief die Fahrlehrerlaubnis des Fahrlehrers.

Erst nach Klageerhebung und mithilfe des Verwaltungsgerichts erklärte sich die Behörde damit einverstanden, eine zusätzliche Begutachtung, interessanterweise bei demselben Verkehrsmediziner, zu beauftragen. Nach erneutem Gutachten und einer Fahrprobe auf einem C1-Kfz, die ohnehin nur das bestätigten, was zuvor auch schon dargelegt worden war, wurde dem Fahrlehrer die Fahrlehrerlaubnis wieder erteilt.

Dies zeigt, dass es sich auch in hoffnungslos erscheinenden Fällen lohnt, genau hinzuschauen, um Fehler der Erlaubnisbehörde aufzudecken und für sein Recht zu streiten. Vor allem wenn es um den Widerruf der Fahrlehrerlaubnis wegen eines körperlichen oder geistigen Mangels im Sinne der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung geht. Denn deren Vorbemerkung Nummer 3 wird von den Behörden grundsätzlich übersehen und eventuelle Kompensationen nicht geprüft.

Dietrich Jaser, Rechtsanwalt
Spezialist für Fahrlehrerrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Strafverteidiger
www.fahrlehrerrecht.com

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