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Geplante Fahrschülerausbildung: Rückschritt statt Fortschritt?

Bereits seit etlichen Jahren befasst sich der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) umfassend mit einzelnen Inhalten zur Neugestaltung der Fahrschülerausbildung, die in OFSA II der BAST nachgelesen werden können. Nach wie vor stufen wir die geplanten Änderungen als äußerst kritisch ein.

Hier einige unserer Kritikpunkte:

1. E-Learning

Diese geplante Einführung stößt bei den allermeisten Betroffenen auf vehemente Ablehnung, wenn es um den Erwerb der Fahrerlaubnis geht. So zeigt eine seit vielen Monaten laufende Umfrage des IDF bei Fahrlehrkräften und Fahrerlaubnisbewerbern, dass jeweils über 90 Prozent der Befragten den Theorieunterricht in Präsenzform favorisieren.

Dies ist für den IDF uneingeschränkt nachvollziehbar, da sich die bisherige Praxis, Präsenzkurse anzubieten und durchzuführen, ohne jede Einschränkung bewährt hat.

Die Aufnahme von E-Learning-Bausteinen in die bestehende Fahrschülerausbildung sollte zumindest nur als unverbindliches Angebot erfolgen, im Sinne einer zusätzlichen Informationsquelle, um sich damit neben Büchern und Präsenzunterricht auf die Theorieprüfung vorzubereiten.

In dieser Vermittlungsform sieht der IDF eine ernste Gefahr für die Entwicklung der Verkehrssicherheit: Soziales Verhalten – auch soziales Verkehrsverhalten – entsteht in erster Linie durch persönliche Kontakte zwischen Fahrlehrern und Fahrschülern und nicht durch Lernprozesse am PC oder mit dem Smartphone. Eine Reihe von wissenschaftlichen Befunden belegt, dass vor allem dem Lehrenden für den Erwerb von Einstellungen und Haltungen eine zentrale Bedeutung zukommt. Digitale Medien haben hierbei lediglich eine untergeordnete Unterstützungsfunktion. Diese Ergebnisse können in Veröffentlichungen von renommierten Experten wie zum Beispiel Professor Dr. Manfred Spitzer, Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik Ulm, oder Professor Dr. Klaus Zierer, Ordinarius für Schulpädagogik an der Universität Augsburg, nachgelesen werden.

Spitzer warnt schon seit Jahren vor dem Digitalisierungswahn und schreibt in seiner Publikation „Die Smartphone Epidemie“: „Digitale Medien und insbesondere das Smartphone schaden der Gesundheit und der Bildung junger Menschen und behindern die Entwicklung von Willensbildung und Empathiefähigkeit…“.

Gerade die Empathiefähigkeit ist eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung von verkehrssicherem Verhalten, das darauf gründet, dass sich Verkehrsteilnehmer in die Situation anderer Verkehrsteilnehmer einfühlen können. Zudem bemängelt Spitzer, dass digitales Lernen „… ohne jeden wissenschaftlichen Hintergrund – d.h. ohne dass es Daten gäbe die das Vorgehen empirisch begründen und damit rechtfertigen könnten – propagiert“ wird. Es existieren also bislang noch keine wissenschaftlich fundierten Belege, wie sich Online-Unterricht auf den Theorieunterricht auswirkt. Professor Dr. Zierer kritisiert in einem Interview (2023) die Ankündigung der CSU, bis zum Jahr 2028 allen Schülern an bayerischen Schulen ein Laptop zur Verfügung zu stellen, aufs Schärfste. Er weist darauf hin, dass es für diese Maßnahme noch keinen „Wirkungsnachweis“ für einen Stopp des sinkenden Bildungsniveaus gebe und warnt ebenfalls vor einem Digitalisierungswahn. Die fatalen Auswirkungen belegt er mit Studien zur Bildungsforschung. So sind beispielsweise gedruckte Bücher didaktisch wertvoller als digitale Materialien, die auch den Wortschatz hemmen. Außerdem werden gedruckte Informationen aus Büchern intensiver und umfassender aufgenommen. Schriftliche Übungen und Lesen von Gedrucktem sind laut wissenschaftlicher Studien auch effektiver als digitale. Professor Zierer kann daher nicht nachvollziehen, dass in Bayern nicht wie beispielsweise in Frankreich, den Niederlanden oder Schweden, in Bezug auf digitales Lernen ein wissenschaftlich begründbares Umdenken stattfindet. So werden in Australien seit 2016 die für 2,4 Milliarden Australische Dollar angeschafften Laptops wieder eingesammelt.

Professor Babiloni von der Universität Rom konnte in seiner Studie “Das lernende Gehirn: Präsenzunterricht vs. Fernunterricht in der Fahrschule“ nachweisen, dass die Aufmerksamkeit im Online-Unterricht anfänglich zwar gleich hoch ist wie im Präsenzunterricht, dass sie jedoch nach 20 Minuten gegenüber dem Präsenzunterricht deutlich nachlässt. Außerdem war auch die Fehlerquote bei der Beantwortung von Fragen zu gelernten Inhalten beim Online-Unterricht deutlich höher.
Zu bedenken ist auch die Tatsache, dass die Intelligenz von Menschen seit der Jahrtausendwende nicht mehr wie bisher zunimmt, sondern sogar rückläufig ist, wenn sie in Ländern wohnen, in denen die Digitalisierung massiv vorangetrieben wird.

Dieser sogenannte Anti-Flynn-Effekt wurde 2017 bestätigt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass dafür sowohl die Qualität der Schulen als auch der Medienkonsum verantwortlich sein dürfte.

Schon aufgrund dieser pädagogisch-psychologischen Erkenntnisse sieht es der IDF als zwingend erforderlich, dass die Fahrschülerausbildung auch zukünftig am Präsenzunterricht für Theorie festhält.

2. Selbstständiges
Theorielernen

Auch das vorgesehene selbstständige Theorielernen muss grundsätzlich in Frage gestellt werden. Diese Forderung zur neuen Fahrschülerausbildung geht nach erfahrungsbasierter Meinung des IDF völlig an der Realität vorbei. Theorieunterricht ist in keiner Weise vergleichbar mit Unterrichtsformen, die mit feststehenden Lerngruppen arbeiten können, wie zum Beispiel in der Schule. Im Bereich des theoretischen Fahrschulunterrichts ist dies organisatorisch weder machbar noch von den Fahrerlaubnisbewerbern gewünscht. Dies würde eine weitere Bürokratisierungswelle im Rahmen des Erwerbs einer Fahrerlaubnis nach sich ziehen, was den Erwerb des Führerscheins eher noch verteuern dürfte. Und was dann, wenn Fahrschüler ihre „Hausaufgaben“ überhaupt nicht oder nur unvollständig erledigt haben? Wer überprüft dies? Mit welchen Instrumenten soll dies erfolgen? Und welche Konsequenzen soll dies dann haben?

Eigenständiges Lernen außerhalb der Fahrschule findet aktuell zwar individuell bevorzugt vor der Prüfung auf informeller Ebene statt, kann jedoch im Rahmen des Theorieunterrichts nicht „verordnet“ werden. Denn ein Selbststudium eines Fahrschullehrbuches ist für etliche Bewerber nicht nur eine ambitionierte Herausforderung, sondern schießt weit über machbare Ziele hinaus und lässt wichtige Schlüsselfragen unbeantwortet. Wie wird beispielsweise mit Fahrerlaubnisbewerbern verfahren, die keine oder nur sehr geringe Deutschkenntnisse besitzen…?

Auch der Hinweis auf pädagogische Studien, wonach der Lerneffekt von Hausaufgaben gegen Null tendiert, sei an dieser Stelle erlaubt. Kein Rückschritt statt Fortschritt!

3. Lernstandskontrollen

Bei den Fahrerlaubnisbewerbern handelt es sich in den allermeisten Fällen um erwachsene Bürger oder um Personen, die kurz vor Erreichen des 18. Lebensjahres stehen. Daher kann auch erwartet werden, dass Fahrschüler ihre Ausbildung aus Eigeninitiative angehen und auch erfolgreich absolvieren.

Fahrschulen können und dürfen sich nicht in die Pflicht nehmen lassen, ihre Kunden dadurch zu motivieren, dass sie fortlaufend überprüfen, ob sich diese die für die theoretische Fahrerlaubnisprüfung relevanten Inhalte jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt angeeignet haben, indem sie deren Lernstand lückenlos dokumentieren. Dies käme einer krassen Bevormundung primär erwachsener Personen gleich und würde eine Fülle von Problemen aufwerfen, wie zu verfahren ist, wenn beispielsweise mangelnde Sprachkenntnisse vorliegen oder individuelle Lernstrategien praktiziert werden.

Außerdem würde sich die Fahrerlaubnisausbildung krass von anderen Qualifikationsmaßnahmen unterscheiden, da beispielsweise zur Erlangung eines Studienabschlusses, einer Privatpilotenlizenz oder des Jagdscheins keinerlei vergleichbare Maßnahmen eingefordert werden. Fahrschulen vermitteln ihren Kunden weder eine Berufsausbildung noch eine Weiterbildungsmaßnahme in einem erlernten Beruf, sondern ausschließlich die staatlich geforderte Legitimation, um mit motorisierten Fahrzeugen am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen.

Schon allein deshalb erübrigt sich im Bereich des Theorieunterrichts eine permanente individuelle Lernstandsüberwachung durch die Fahrschulen.
Auch hier sei der Hinweis erlaubt, dass Politik und Betroffene dringender denn je auf einen generellen Abbau von staatlichen Reglementierungen und Bürokratie pochen. Die für eine Neufassung der Fahrschülerausbildung geplante Maßnahme einer Lernstandskontrolle würde infolge der kontinuierlichen Dokumentationspflicht einen höheren organisatorischen Aufwand mit sich bringen, was den Führerschein sicherlich weiter verteuern dürfte.

Zur Klarstellung: Bei der fahrpraktischen Ausbildung ist selbstverständlich die aktuelle Dokumentationspflicht uneingeschränkt beizubehalten.

4. Einsatz von
Fahrsimulatoren

Auch wenn sich Verkehrsverlage die gesetzliche Verordnung dieses geplanten Vorhabens noch so sehr wünschen, so muss nach Auffassung des IDF der Einsatz von Fahrsimulatoren zum Erwerb der Fahrerlaubnis einzig und allein der Fahrschule überlassen bleiben, zumal bisher bundesweit nur vergleichsweise wenige Fahrschulen damit arbeiten. Dies dürfte auch am Kostenfaktor liegen, der pro Gerät bei mindestens 20.000 Euro liegt. Hinzu kommen noch Aufwendungen für das Betreuungspersonal.

Dennoch wird immer wieder damit illegal geworben, dass die Nutzung eines Fahrsimulators den Führerscheinerwerb verbilligt, obwohl die Wettbewerbszentrale darauf hinweist, dass Fahrschulunternehmer bei ihrer Werbung für den Einsatz von Fahrsimulatoren nicht den Eindruck erwecken dürfen, dass sich die Möglichkeit, in der Fahrschule auf einem solchen Gerät zu üben, positiv auf die erforderlichen Kosten einer Führerscheinausbildung auswirkt. Kostensenkungen durch den Einsatz eines Simulators konnten bisher wissenschaftlich noch nicht nachgewiesen werden.

Wie bereits in der Fahrlehrerpost Ausgabe 04.2021 berichtet, hat sich die Rechtsprechung schon mehrfach mit dem Thema beschäftigt. So hat das Landgericht Nürnberg-Fürth (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 01.02.2007 – 1 HK O 7432/16) einer Fahrschule die Bewerbung eines Fahrsimulators unter Hinweis auf die Einsparung bei den Ausbildungskosten untersagt. Auf diese Entscheidung weist die Wettbewerbszentrale bereits seit dem Kalenderjahr 2007 hin und hat in aktuellen Mitteilungen am 02.06.2015, 13.04.2016, 30.03.2017 und 17.01.2018 ihre Warnung vor derartigen Aussagen wiederholt. Auch in den Fachpublikationen Fahrschule und Fahrschulprofi hat die Wettbewerbszentrale auf die Unzulässigkeit von irreführenden Werbeaussagen im Zusammenhang mit der Bewerbung von Simulatorstunden hingewiesen.

Das Landgericht (LG) Gera hat ebenfalls eine Werbung mit einer Ersparnis durch den Einsatz eines Simulators als irreführend untersagt (LG Gera, Urteil vom 20.02.2017 – 112 HK O 57/16). Dieser Auffassung hat sich das Landgericht Bielefeld (LG Bielefeld, Urteil vom 09.05.2017 – 15 O 110/16) angeschlossen. Ebenso hat das Landgericht Berlin (LG Berlin, Beschluss vom 11.03.2004 – 102 O 82/14) den Hinweis darauf, dass eine Simulatorstunde die praktische Fahrstunde ersetzen kann, als unzulässig angesehen. Und das zu Recht: Die tatsächliche Beherrschung eines Fahrzeugs im Straßenverkehr stellt völlig andere Anforderungen an den Fahrschüler als die Tätigkeit am Simulator. Das Gerät kann daher zwar als zusätzliche Übungsmaßnahme eingesetzt werden und kann insgesamt auch zu einer Verbesserung der Fähigkeiten des Fahrschülers führen, die Nutzung darf jedoch nicht eins zu eins mit einer realen Fahrstunde gleichgesetzt werden, mit dem Versprechen, dass jede Stunde am Simulator eine Fahrstunde einsparen würde. Folglich darf der Einsatz von Fahrsimulatoren während der Fahrerlaubnisausbildung auch zukünftig keinesfalls als reguläre Fahrstunde anerkannt werden. Der wissenschaftliche Nachweis über die Auswirkungen des Simulatoreinsatzes auf die praktische Fahrausbildung muss als Entscheidungskriterium erst noch erbracht werden.

5. Prognostizierte
Verbesserungen durch die Reform

Mit der Neufassung der Fahrschülerausbildungsordnung wird eine Reihe von positiven Auswirkungen verknüpft, von denen der IDF einige davon kritisch analysiert hat:

Senkung der
Nichtbestehensquote
Die seit Jahren steigende Nichtbestehensquote kann keinesfalls auf mangelnde Ausbildungsqualität in den Fahrschulen zurückgeführt werden und bedingt daher auch keine Novellierung der Fahrschülerausbildung.

Die Misere im Bereich der fahrpraktischen Prüfung sehen wir im drastisch zunehmenden Verkehrsaufkommen und in der steigenden Dauer der Prüfungszeit. Dass dennoch viele Fahrerlaubnisbewerber diese gestiegenen Anforderungen meistern, darf mit Recht der hohen AusbildungsquaIität der Fahrschulen zugeschrieben werden.

Was die Theorieprüfung anbelangt, so wies die Anzahl der nichtbestandenen Fahrerlaubnisprüfungen über mehrere Jahrzehnte lediglich eine sehr geringe Schwankungsbreite auf. Auffällig ist, dass deren kontinuierlicher Anstieg exakt mit der Aufnahme von Videosequenzen in die theoretische Prüfung zum 1.4.2014 begonnen hat und bis dato weiter anhält. Dieser Zusammenhang ist in allen 16 Bundesländern deutlich erkennbar.

Bei näherer Betrachtung erscheint uns die Abbildung des realen Verkehrsgeschehens durch Videoclips in mehrfacher Hinsicht ausgesprochen problematisch. Diese kurzen Filmeausschnitte werden dem Fahrerlaubnisbewerber in der Prüfung auf einem elektronischen Gerät präsentiert, dessen Display gerade einmal 22×13,5 Zentimeter misst. Der Bildausschnitt ist folglich deutlich eingeschränkter als in der Realität und ist somit in keiner Weise mit dem realen Sichtfeld des Fahrzeuglenkers vergleichbar.

Videosequenzen bilden zwar Alltagssituationen des Verkehrsgeschehens ab, aber die daraus abgeleiteten Fragestellungen sind unseres Erachtens häufig mehr als irreführend (dies trifft übrigens auch für Fragen anderer Darbietungsformen zu).

Bei realen Fahrten nimmt der Fahrer kontinuierlich relevante Kontextinformationen des Umfelds wahr, die ihm eine umfassende Einschätzung des sich entwickelnden Verkehrsgeschehens ermöglichen, wodurch sein Wahrnehmungsfeld entsprechend fokussiert wird. Diese Zielgerichtetheit entfällt bei den Videoclips komplett. Die aufgezeigte Diskrepanz zwischen computeranimierten Szenen und aktuell stattfindenden Verkehrssituationen dürfte mit Sicherheit auch den Entwicklern des Theoriefragenpools bewusst sein. Aus welchem Grund hätten sie ansonsten dem Fahrerlaubnisbewerber die Möglichkeit eingeräumt, in der Prüfungssituation jede Sequenz bis zu fünfmal anzuschauen, um dann die Fragestellung zu bearbeiten. In der Realität bietet sich dem Verkehrsteilnehmer jede Situation lediglich ein einziges Mal! Und gerade diese Kluft zwischen Realität und medialer Präsentation kann unseres Erachtens auch nicht durch wiederholte Betrachtungen einer Videosequenz aufgewogen werden.
Infolge fehlender Kontextinformationen und der flash-artigen Präsentation von kurzen Filmausschnitten wird der Fahrerlaubnisbewerber häufig mit der Interpretation der dargebotenen Verkehrssituation überfordert und muss zur Entscheidungsfindung aus einem breiten Spektrum von Informationen genau diejenigen herausfiltern, die ihn zur „erwarteten“ Antwort befähigen sollen. Für den Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) resultiert daraus die Frage, ob es überhaupt legitim ist, dem Fahrerlaubnisbewerber im Rahmen seiner Theorieprüfung eine überdimensional ausgeprägte Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit und eine über das durchschnittliche Maß hinausreichende Wahrnehmungs- und Kombinationsfähigkeit abzuverlangen. Fähigkeiten dieser Art, die entscheidend für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr sind, werden zwangsläufig in der praktischen Prüfung unter realen Bedingungen und zwar in einem vertretbaren Maß nachgewiesen. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass die Bestehensquote auch vom Bildungsstand der Bewerber beeinflusst wird. Das Lern- und Leistungsvermögen von Fahrerlaubnisbewerbern hat infolge von unterschiedlichen Ursachen zunehmend abgenommen. Auch der Umgang mit Leistungsanforderungen und die damit zum Teil verbundene Entwicklung von Prüfungsangst spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Im Gegenzug dazu wurde jedoch das Anspruchsniveau an diese Gruppe laufend gesteigert und der Umfang des Theoriefragenpools dauernd erweitert. Bei genauer Analyse von Theoriefragen müssen wir feststellen, dass etliche davon irreführend sind, und dass darüber hinaus auch nicht nachvollziehbare Antworten als richtige Lösungen angegeben sind.

Schließlich sehen wir die Prüfungsergebnisse auch dadurch verfälscht, dass bei Videosequenzen die Fragestellung zusammen mit den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten erst im Anschluss an die gezeigten Szenen erfolgt. Sobald ein Kandidat die Frage(n) abruft, hat er keinen Zugriff mehr auf die computeranimierte Sequenz. Dazu ein Hinweis aus der Wissenschaft: Die wahrnehmungspsychologische Theorie der „Change Blindness“ geht davon aus, dass jemand, der zunächst einmal nicht weiß wonach er suchen soll, kaum Chancen hat, das „Gewünschte“ zu entdecken. Und seine Erinnerung liefert ihm nur ein sehr persönlich gefärbtes Abbild der gezeigten Szene. Daraus resultiert für den IDF die Forderung, sämtliche Videosequenzen und nicht eindeutig zu beantwortende Aufgaben aus dem Pool der Theoriefragen zu entfernen, gerne zunächst einmal testweise für den Zeitraum von einem Jahr, um so zu prüfen, inwieweit sich diese computeranimierten Szenen auf die Nichtbestehensquote auswirken. Andere Staaten, wie zum Beispiel Österreich, verzichten nach unseren Informationen bereits heute bewusst auf den Einsatz von Videoclips bei Prüfungsfragen.

Hilfreich für eine Steigerung der Bestehensquote wäre ebenso eine Mitteilung der jeweiligen Nummer der amtlichen Prüfungsfrage, die vom Fahrerlaubnisbewerber falsch beantwortet wurde.

Verringerung der Zahl
der Unfalltoten
Die Zahl der Unfalltoten im Alter von 18 bis 24 Jahren ist erfreulicher Weise stark rückläufig. Nach einer Statistik des Fachverlags der deutschen Verkehrswacht lag sie im Jahr 1991 noch bei 2.749 Toten, im Jahr 2020 schrumpfte sie um 88 Prozent auf 326 Tote.

Mit einer weiteren Optimierung von Ausbildungsinhalten kann diese Anzahl ebenso wenig auf null reduziert werden wie durch sämtliche andere Maßnahmen.

Zeitgemäße optimierte
Gestaltung von Lernprozessen
Was diese prognostizierte Verbesserung durch die neue Fahrschülerausbildung angeht, verweisen wir auf unsere Ausführungen unter Punkt 1 (E-Learning).

6. Empfehlungen des IDF

Der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer spricht sich klar für die grundsätzliche Beibehaltung der bisherigen sich bestens bewährten Fahrschülerausbildung aus.

Die Inhalte der bisher gültigen Fahrschülerausbildungsordnung dürfen keinesfalls anwachsen, sondern sind auf das in der realen Ausbildung durchführbare Quantum zu reduzieren und sollten sich hauptsächlich an der StVO orientieren.

Bereits im Verkehrsblatt 1220 von 1998 wird festgestellt, dass sich der Verordnungsgeber bewusst war, dass der Ausbildungsstoff in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht vollständig vermittelt werden kann. Deshalb hätte er entweder den Stoff für den theoretischen und praktischen Unterricht auf das Wesentliche verringern oder für einen ausreichenden Zeitrahmen sorgen müssen. Nachdem bei einer Neufassung der Zeitrahmen aus Kostengründen und Gründen einer vom Staat angestrebten Abschaffung von Überreglementierungen nicht in Frage kommt, bleibt nur noch die Reduktion von Inhalten.

Sollten Änderungen vorgenommen werden, so erwartet sich der IDF in jedem Fall einen Modellversuch zu den Neuerungen über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren, der in einem der 16 Bundesländer durchzuführen und durch unabhängige Experten entsprechend zu evaluieren ist. Dabei ist ein klares Augenmerk auf die zu bestellenden Gutachter zu richten, dass diese nicht wie in der Vergangenheit offensichtlich erfolgt, Ergebnisse präsentieren, die zu Lasten objektiver Aussagen diverse wirtschaftliche Interessen widerspiegeln.

Weiterhin sind notwendige Änderungen der FahrschAusbO ausführlich zu begründen. Es muss ersichtlich sein, welche konkreten Anlässe jeweils zu diesen Änderungen führen, und es sind die Instrumente und Methoden darzulegen, mit denen Daten für diese Defizite erhoben wurden. Schließlich ist im Vorfeld zu definieren, welche Ziele durch die einzelnen Änderungen erreicht werden müssen und mit welchen statistischen Erhebungsinstrumenten die erforderliche Datengewinnung zu erfolgen hat.

Letztendlich muss festgelegt werden, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, wenn die gesetzten Ziele der Neuerungen der FahrschAusbO verfehlt werden. Zusätzliche Reglementierungen werden mit Sicherheit den eh schon gravierenden Nachwuchsmangel an Fahrlehrkräften weiter befeuern. Voraussetzung für steigendes Interesse an dieser Tätigkeit ist in erster Linie eine fahrschüler- und fahrlehrerfreundliche Ausbildungsordnung, die – um Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen – bei den Betroffenen auf entsprechende Akzeptanz stoßen muss. Schon der französische Staatstheoretiker der Aufklärung, Charles de Secondat, Baron de Montesquieu, erhob die Forderung: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, dann ist es notwendig kein Gesetz zu erlassen.“ Dasselbe gilt auch für geplante Änderungen von Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften.

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