Bezahlbarer Führerschein: Politiker kontaktieren den IDF
Medien monieren fortlaufend die hohen Kosten, die für den Erwerb des Führerscheins aufgebracht werden müssen. Dieser Meinung schlossen sich auch Politiker aller Fraktionen an und forderten von den Fahrschulen Einsparungen.
Dadurch sah sich der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer als Vertreter der Fahrlehrerschaft veranlasst, in der Presse klarzustellen, dass der „schwarze Peter“ für die hohen Kosten nicht den Fahrschulen zugeschustert werden kann. Denn die Ursachen dafür liegen klar auf der Hand, es liegt an der Gesetzgebung!
Um einer weiteren Verteuerung der Fahrerlaubnis durch die geplante Novellierung der Fahrschülerausbildungsordnung entgegenzutreten, erarbeiteten Vorstandschaft und wissenschaftlicher Beirat des IDF eine Liste mit Vorschlägen.
Das nachfolgende Papier (Hinweis: Veröffentlichung des Anschreibens im Folgenden in Textform) wurde unter anderem dem Bundesverkehrsminister sowie Bundestagsabgeordneten zur Kenntnis gebracht:
„Bezahlbarer Führerschein
Sehr geehrte …, über den Einsatz von Abgeordneten für einen „bezahlbaren Führerschein“ ist der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) nicht nur sehr erfreut, sondern verbindet damit auch die Hoffnung, mit Hilfe der Politik kostensenkende Veränderungen für den Erwerb einer Fahrerlaubnis zu erwirken.
Nachfolgend erlauben wir uns, Ihnen und den zuständigen Fachkollegen Vorschläge des Interessenverband Deutscher Fahrlehrer zu dieser Thematik zusammengefasst mitzuteilen.
Sofern die in einer Präsentation des BMDV vorgestellten Änderungen der Fahrschulausbildung tatsächlich in der Neufassung der Fahrschülerausbildungsordnung (FahrschAusbO) festgeschrieben werden, führt dies nach unserer Einschätzung zu einer deutlichen Verteuerung und zu weiteren Reglementierungen des Fahrerlaubniserwerbs.
In erster Linie bedingen diese geplanten Änderungen mit Sicherheit eine Anhebung des Grundbetrags (derzeit 450 -600 Euro) um etwa 100 Prozent. Diese Kostensteigerung resultiert zwangsläufig durch eine verpflichtende Dokumentation des Lernstands im Theorieunterricht, aus den dort vorgeschriebenen Lernkontrollen und aus der chronologisch verbindlich vorgeschriebenen Absolvierung festgelegter Unterrichtseinheiten. Dieser enorm gesteigerte Verwaltungsaufwand würde nicht nur mehr Personal erfordern, sondern steht im krassen Widerspruch zur politisch mehrfach angekündigten Entbürokratisierung staatlich gelenkter Prozesse.
Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken schlägt der IDF für eine veränderte Fahrschulausbildung (festgeschrieben in der FahrschAusbO) folgendes Modell vor:
* Jede Fahrschule hat weiterhin gesetzlich vorgegebene Themen für den Theorieunterricht in Präsenzveranstaltungen anzubieten. Darüber hinaus ist es der Fahrschule überlassen, wahlweise bestimmte ebenfalls festgelegte Themen digital abzuhandeln.
* Die Auswahl einzelner Themen aus dem in der künftigen FahrschAusbO aufgeführten verbindlichen Themenkatalog obliegt je nach subjektiven Vorkenntnissen wie bisher ausschließlich dem Fahrerlaubnisbewerber unter Beachtung der vom Gesetzgeber festgelegten Anzahl von zu absolvierenden Unterrichtseinheiten. Die Anzahl der bearbeiteten Themen ist auch weiterhin ohne Themenbenennung für jeden Fahrschüler von der Fahrschule zu dokumentieren.
* Über den Zeitpunkt seiner Vorstellung zur Theorieprüfung, also über seine Prüfungsreife in Theorie, entscheidet der Fahrerlaubnisbewerber nach Absolvierung der zu besuchenden Mindestanzahl von Unterrichtseinheiten allein. Dieser Vorschlag lässt sich ebenfalls absolut kostenneutral realisieren.
* Die Fahrschule hat weder den Lernstand im Theorieunterricht zu überwachen noch Lernkontrollen durchzuführen, um dadurch beispielsweise die Prüfungsreife zu determinieren. Dies käme einer krassen Bevormundung erwachsener Personen gleich, deren selbständige Entscheidung betreffend, zu welchem Zeitpunkt sie sich welche Inhalte mit welchen Lernmethoden einprägen. Denn der Erwerb einer Fahrerlaubnis gründet auf ihrer ureigenen freiwilligen Entscheidung dafür. Dieses vorgeschlagene Prozedere bedingt keinerlei Beeinträchtigung einer sicheren Teilnahme am Straßenverkehr, zumal die bestandene theoretische Prüfung der Garant für die Beherrschung der erforderlichen Kenntnisse dafür ist.
Außerdem weisen wir darauf hin, dass jährlich tausende Fahrschüler mit fehlenden bzw. mit nur sehr geringen Sprachkenntnissen in Deutsch den Theorieunterricht lediglich „absitzen“ und sich das für eine erfolgreiche Teilnahme an der Theorieprüfung erforderliche Theoriewissen im Selbststudium aneignen, wogegen der Gesetzgeber bis dato keinerlei Einwendungen hat.
* Auch mit einem veränderten Prozedere der Theorieprüfung könnten Einsparpotenziale erzielt werden. Die für eine nichtbestandene Prüfung erforderliche Wiederholung könnte deutlich davon profitieren, wenn den Prüfungsteilnehmern ggf. jeweils die amtliche Prüfnummer der falsch beantwortete(n) Frage(n) nach einer Theorieprüfung mitgeteilt würde. Dagegen sperrt sich die Administration bislang aus uns unerklärlichen Gründen. Zudem wurde dem IDF auch die Einsicht in statistische Erhebungen zur Fehlerhäufigkeit einzelner Theoriefragen verweigert. Auch dadurch könnte der Führerscheinerwerb für etliche Bewerber finanziell günstiger werden.
* Eine Steigerung der Bestehensquote wäre auch durch entsprechende Modifikation der Darbietung von Videosequenzen in der Theorieprüfung kostenneutral zu erreichen. Bislang erfolgt die Fragestellung zu einem gezeigten Video im Nachhinein. Sobald sie der Prüfungskandidat abruft, kann er sich die Videodarbietung grundsätzlich nicht mehr ansehen, selbst wenn er zuvor unterhalb der maximalen Wiederholungsrate von fünf geblieben ist.
* Die Prüforganisationen können aufgrund des bestehenden Mangels an Sachverständigen Termine für die praktische Prüfung oft sehr zeitverzögert (mehrere Wochen) zur vorliegenden Prüfungsreife von Fahrschülern vergeben. Fahrerlaubnisbewerber müssen dann zusätzliche Fahrstunden absolvieren, was ebenfalls eine Verteuerung der Fahrerlaubnis verursacht.
* Ebenso ist der Fragenkatalog für die theoretische Fahrerlaubnisprüfung dringend zu überarbeiten und von einem wechselnden unabhängigen Gremium wissenschaftlicher Experten zu begutachten. Dabei sollten unbedingt falsche oder irreführende Antwortmöglichkeiten endlich eliminiert und auch die Anzahl der Fragen deutlich reduziert werden. Wesentlich scheint uns noch der Hinweis, dass kein Entwickler der Theoriefragen diesem Expertenteam angehören darf.
* Die vom IDF in den vergangenen Jahren mehrfach geforderte kostenlose Bereitstellung des jeweils aktuellen amtlichen Fragenkatalogs für die Theorieprüfung z.B. auf der Homepage des BMDV würde eine Kosteneinsparung beim Führerscheinerwerb um bis zu 120 Euro mit sich bringen. Auch diese Maßnahme könnte für den Staat kostenneutral realisiert werden, da bis dato jeder Teilnehmer an einer Theorieprüfung für die Entwicklung und Evaluation des Theoriefragenpools einen Euro bezahlt. Das sind jährlich (!) je nach Anzahl der Prüfungen zwischen 1,5 und 1,7 Millionen Euro. Die wiederholte Bitte des IDF um einen detaillierteren Verwendungsnachweis wurde stets ignoriert.
* Bei den Sonderfahrten kann der bisherige Umfang der Beleuchtungsfahrten (Nachtfahrten) von drei auf zwei Fahrstunden reduziert werden, was eine Kosteneinsparung zwischen 70 und 90 Euro mit sich bringen würde.
* Fahrschüler, die die praktische Prüfung zum Erwerb der Fahrerlaubnis B 197 auf einem Automatikfahrzeug ablegen, sollen laut BMDV zukünftig den Erwerb der Schaltkompetenz auch ausschließlich mit 10 Übungsstunden auf dem Simulator bescheinigt bekommen. Vor diesem Hintergrund schlägt der IDF eine Kürzung dieser Ausbildungsdauer aus Gründen einer wesentlich höheren Effektivität auf fünf Fahrstunden im Realverkehr vor.
Zusammenfassung
Durch die oben dargestellten Vorschläge des IDF würden sich die bisherigen Kosten eines Führerscheins der Klasse B bzw. B197 um ca. 120 Euro für die eingesparten Kosten der bisher zu erwerbenden amtlichen Prüfungsfragen und bei jeder eingesparten Theoriewiederholungsprüfung um ca. 80 Euro verringern. Hinzu kommt noch, dass die von uns vorgeschlagene Modifizierung der Darbietung von Videosequenzen in der Theorieprüfung sicherlich zu einer Steigerung der Bestehensquote führt.
Sollten die in der Novelle zur Fahrschulausbildung vorgesehenen Änderungen realisiert werden, so ist mit einer deutlichen Verteuerung des Führerscheins zu rechnen, da sich der Grundbetrag von bisher 450 – 600 Euro infolge von Mehraufwänden durch die Fahrschulen auf sicherlich 900 – 1.200 Euro verdoppelt.
Einsparungen in Höhe von 300 – 450 Euro könnten durch die Reduzierung der Schaltkompetenzstunden von bisher 10 auf fünf erreicht werden, die dann jedoch im Realverkehr auf einem Schaltfahrzeug absolviert werden müssten. Außerdem würde die Verringerung der Beleuchtungsfahrten auf zwei Fahrstunden eine Ersparnis von 70 – 90 Euro mit sich bringen.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns über Ihre Aktivitäten und geplanten Vorhaben zum „bezahlbaren Führerschein“ auf dem Laufenden halten.
mit freundlichen Grüßen
Vorsitzende“