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Wenn Behörden das Recht missachten – und damit auch noch verlieren

Es gibt Entscheidungen, da möchte man sich als Bürger nur an den Kopf fassen – und als Fahrlehrer gleich doppelt. In einem bemerkenswerten Beschluss hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht einer Behörde ordentlich den Kopf gewaschen – und das völlig zu Recht.

Worum ging’s?
Ein Fahrlehrer (unser Mandant), gegen den das Finanzamt wegen hoher Steuerrückstände seit Jahren Sturm läuft, sollte seine Fahrschulerlaubnis verlieren. Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV) war schnell zur Stelle: Erlaubnis widerrufen, Sofortvollzug angeordnet, fertig. Die Begründung? Mehr als dürftig.

Dass es dann nicht ganz rund lief mit dem Widerspruch, lag auch an einem kleinen Formfehler – aber: Darauf kommt es letztlich gar nicht an. Viel schwerer wiegt das Verhalten der Behörde selbst.

Behördliche Fairness? Fehlanzeige.
Das Gericht bringt es auf den Punkt: Der Widerspruch ging frühzeitig bei der Behörde ein – nur eben per eMail, statt über das beA (das besondere elektronische Anwaltspostfach), weil die Behörde zuvor nur über eMail kommuniziert hatte. Und was macht die Behörde? Sie schweigt. Kein Hinweis, kein Rückruf, kein „Achtung, so geht das nicht!“ – obwohl noch drei Wochen Zeit gewesen wären, den Fehler zu korrigieren. Stattdessen wartet man seelenruhig ab – und lehnt den Widerspruch wegen Fristversäumnis ab.

Das nennt man im Juristendeutsch „treuwidrig“. Im Klartext: So geht man nicht miteinander um. Wenn die Behörde merkt, dass da jemand mit einem formellen Patzer gegen die Uhr kämpft, dann ist es schlicht unfair, nichts zu sagen – um sich dann genau darauf zu berufen.

Und die Krönung: Der Sofortvollzug
Dass man einem Fahrschulinhaber mit über 100 Fahrschülern von heute auf morgen die Geschäftsgrundlage entzieht, müsste man gut begründen, oder? Schließlich geht es um nicht weniger als die berufliche Existenz.

Aber was kam da vom LASuV? Ein Einzeiler: Das öffentliche Interesse am Schutz vor finanziellen Schäden sei größer als das Interesse des Betroffenen. Fertig. Keine Abwägung, keine Details, kein Wort zur Insolvenzfreigabe oder zur Frage, ob überhaupt eine akute Gefahr besteht. Genau das moniert das Gericht scharf: Der Satz sei formelhaft und nicht einzelfallbezogen, der Sofortvollzug daher mindestens zweifelhaft begründet.

2.500 Euro für Behördenversagen
Die Entscheidung des Gerichts fiel eindeutig aus: Widerruf ausgesetzt, Kosten beider Instanzen: trägt die Behörde. Und das heißt: Der Steuerzahler blecht für die Nachlässigkeit des LASuV – rund 2.500 Euro, ganz offiziell.
Da kann man sich als Fahrlehrer schon mal fragen, wer hier eigentlich unzuverlässig ist: derjenige, der seine Schulden (immerhin in einem laufenden Insolvenzverfahren) zu tilgen versucht – oder eine Behörde, die es nicht schafft, ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen und gleichzeitig rechtsstaatliche Mindeststandards bei einem Berufsverbot einzuhalten?

Fazit für die Praxis:
Auch wer mit dem Rücken zur Wand steht, hat Rechte – und die Behörden dürfen nicht machen, was sie wollen. Wenn das LASuV so weitermacht, dann werden wohl noch öfter Gerichte daran erinnern müssen, dass Recht und Fairness auch für die Verwaltung gelten.

Dietrich Jaser
Rechtsanwalt und
Spezialist für Fahrlehrerrecht
www.fahrlehrerrecht.com

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