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Fahrverbot trotz Blasenschwäche?

Das Amtsgericht Paderborn hat die Geschwindigkeitsüberschreitung (29 km/h außerorts) eines als Rechtsanwalt tätigen PKW- Fahrers mit einem Bußgeld von 80 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot belegt. Und das, obwohl der Betroffene nach einer Prostataoperation nur noch über eine eingeschränkte Kontinenz verfügt und als Grund seiner zu hohen Geschwindigkeit einen starken Harndrang angab.

Gegen dieses Urteil erhob er beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm Einspruch.
Das Gericht verwies zwar darauf, dass die bisherige Rechtsprechung einen sehr starken Drang zur Verrichtung der Notdurft als Grund anerkennt, von einem Regelfahrverbot abzusehen (OLG Zweibrücken, Az. 1 Ss 291/96; AG Bad Segeberg, Az. 5 Owi 552 Js 43380/11). Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dieser Drang durch die besondere körperliche Disposition des Betroffenen bedingt ist (etwa Krankheit, Gebrechen oder Schwangerschaft) und auch ursächlich für die Geschwindigkeitsüberschreitung war, und zwar in der Absicht, dass so versucht wurde, baldmöglichst eine Toilette aufsuchen zu können.

Allerdings wies das OLG darauf hin, dass diese Rechtsprechung keineswegs der Normalfall sei und führt weiter aus: „Der bloße Umstand einer bestimmten körperlichen Disposition reicht hier noch nicht, da ansonsten der hiervon betroffene Personenkreis gleichsam einen ‚Freibrief‘ für pflichtwidriges Verhalten im Straßenverkehr erhalten würde.

Grundsätzlich muss der Betroffene mit einer solchen körperlichen Disposition seine Fahrt entsprechend planen, gewisse Unwägbarkeiten (wie etwa Stau, Umleitungen etc.) in seine Planungen einstellen und entsprechende Vorkehrungen treffen oder ggf. auf anfänglich auftretenden Harn- oder Stuhldrang rechtzeitig reagieren, damit ihn ein starker Drang zur Verrichtung der Notdurft nicht zu pflichtwidrigem Verhalten verleitet… Es kann das Maß der Pflichtwidrigkeit sogar erhöhen, wenn der Betroffene trotz einer entsprechenden körperlichen Disposition (vgl. Ziff. 1) gleichwohl eine Fahrt durchführt und dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet, ohne Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, einen plötzlich auftretenden starken Harndrang zu vermeiden oder ihm rechtzeitig abzuhelfen.“

Nach Ansicht des OLG Hamm lassen die die lückenhaften Feststellungen im Urteil des AG Paderborn zum Gesamtbild der Tat eine abschließende Entscheidung über die Verhängung eines Fahrverbots nicht zu. Deshalb wurde die Sache zur erneuten Klärung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Quelle: OLG Hamm Az. 4 RBs 326/17

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