Führerschein weg, Fahrlehrerlaubnis erloschen – und dann?
Von Rechtsanwalt Dietrich Jaser
Wahrscheinlich hat es jeder Fahrlehrer schon einmal aus seinem Kollegenkreis erlebt oder mitbekommen: Verliert ein Fahrlehrer seine Fahrerlaubnis, ist er grundsätzlich auch seine Fahrlehrerlaubnis los.
Sollten Sie als Fahrlehrer jemals von diesem Los betroffen sein, muss das aber nicht notwendig Ihr endgültiges berufliches Ende als Fahrlehrer bedeuten. Denn es gibt durchaus Wege wie ein Betroffener wieder eine Fahrlehrerlaubnis erlangen kann, sobald er sich wieder im Besitz einer Fahrerlaubnis bzw. eines Führerscheins befindet.
Doch was ist zu beachten, wenn der Betroffene seine Fahrlehrerlaubnis zurückerhalten möchte? Wie gestaltet sich der Weg zur neuen Fahrlehrerlaubnis und was ist dabei zu beachten?
Mit diesen Themen setzt sich der vorliegende Beitrag anhand des folgenden fiktiven (aber leider nicht ganz seltenen) Falles auseinander.
Fahrlehrer F setzt sich nach einer alkoholträchtigen Geburtstagsfeier am 20. Mai 2019 am Morgen des Folgetages ans Steuer, um seinen Fahrschüler zum praktischen Unterricht abzuholen. Er gerät in eine allgemeine Verkehrskontrolle, bei der die Polizeibeamten aufgrund geröteter Augen und leichten Alkoholgeruches eine Überprüfung der Blutalkoholkonzentration (BAK) veranlassen. Sein Führerschein wird vorläufig sichergestellt. Aus dem festgestellten BAK-Wert ergibt sich eine absolute Fahruntüchtigkeit. Mit dem gegen ihn erlassenen, am 19.06.2019 zugestellten Strafbefehl wird neben einer Geldstrafe die Fahrerlaubnis entzogen (§ 69 StGB) und eine Sperre zur Neuerteilung von neun Monaten verhängt (§ 69a StGB). Da F gegen den Strafbefehl keinen Einspruch einlegt, wird dieser am 03.07.2019 rechtskräftig. Nach Ablauf der Sperrfrist und erfolgreich absolvierter Fahreignungsbegutachtung im Rahmen einer MPU wird F die Fahrerlaubnis am 06.04.2020 neu erteilt.
Aus dem geschilderten Sachverhalt ergeben sich folgende fahrlehrerrechtlichen Konsequenzen:
- Zunächst ruht die Fahrlehrerlaubnis wegen § 13 Abs. 1 des Fahrlehrergesetzes (FahrlG) für die Dauer der Sicherstellung des Führerscheins des F vom Zeitpunkt der Sicherstellung am 21.05.2019 bis zum 02.07.2019.
- Aufgrund des Eintritts der Rechtskraft des Strafbefehls (mit Entziehung der Fahrerlaubnis) am 03.07.2020 erlischt aufgrund § 13 Abs. 3 FahrlG die Fahrlehrerlaubnis des F an diesem Tage.
Sofern die Erlaubnisbehörde nicht ohnehin durch polizeiliche Mitteilung Kenntnis vom Verlust der Fahrerlaubnis erlangt, empfiehlt es sich die Behörde selbst zu informieren. Keinesfalls sollte man darauf vertrauen, dass diese nichts von dem Verlust der Fahrerlaubnis erfahren wird, denn früher oder später wird ihr das ohnehin zur Kenntnis gelangen, sei es bei Neuerteilung der Fahrerlaubnis, sei es bei einer Verlängerung einer C- oder D-Fahrerlaubnis.
„Später“ ist hier aber gleichbedeutend mit „schlechter“, wie nachfolgend mit Blick auf § 15 Absatz 2 Satz 2 FahrlG deutlich wird.
Mit Beendigung der „führerscheinlosen Zeit“ hat F zwar die erste Hürde zur Wiedererlangung seiner Fahrlehrerlaubnis genommen. Doch bis zu deren Neuerteilung – so der gesetzliche Begriff – sind noch einige weitere Schritte erforderlich.
Um das Verwaltungsverfahren zur Erlangung der neuen Fahrlehrerlaubnis in Gang zu setzen, bedarf es eines Antrags bei der zuständigen Erlaubnisbehörde. Hierbei gibt es allerdings einiges zu beachten.
Die zentrale Vorschrift für die Erteilung einer neuen Fahrlehrerlaubnis ist § 15 FahrlG. In dieser Vorschrift ist geregelt, dass für die Neuerteilung der Fahrlehrerlaubnis im Wesentlichen die Vorschriften für die Ersterteilung gelten, die sich wiederum in den §§ 2 und 4 FahrlG finden. In § 2 FahrlG sind die persönlichen Voraussetzungen der Bewerber um die Erteilung der Fahrlehrerlaubnis geregelt, während sich in § 4 FahrlG das Antragserfordernis und die vorzulegenden Unterlagen bzw. Nachweise finden.
Äußerst wichtig ist bei alledem: Die Zweijahresfrist gem. § 15 Absatz 2 Satz 2 – im obigen Fall wäre das der 03.07.2022 – muss unbedingt im Auge behalten werden! Hier gilt: Je früher umso besser.
Dies gilt zumindest für den Fall, dass eine erneute Fahrlehrerprüfung vermieden werden soll. Denn maßgeblich für die Einhaltung dieser Frist ist grundsätzlich nicht die vollständige Antragstellung, sondern der Zeitpunkt zu dem die Behörde für sich die Entscheidung getroffen hat, auf die Fahrlehrerprüfung zu verzichten (Dauer, Fahrlehrerrecht, 2. Auflage 2020, Anm. 17 zu § 15 FahrlG). Das wird jedoch nur selten nach außen hin erkennbar oder in der Fahrlehrerakte der Behörde dokumentiert sein. Deswegen ist es umso wichtiger, alle erforderlichen Nachweise und Unterlagen möglichst frühzeitig zur Verfügung zu haben, idealerweise im Zeitpunkt der Neuerteilung der Fahrerlaubnis.
Die vom Bewerber um die Neuerteilung der Fahrlehrerlaubnis zu erfüllenden persönlichen Voraussetzungen sind nach §§ 2, 15 Absatz 1 FahrlG
- Vollendung des 21. Lebensjahres,
- körperliche und geistige Eignung,
- fachliche und pädagogische Eignung,
- keine Unzuverlässigkeit,
- Fahrerlaubnis in der betreffenden Fahrlehrerlaubnis-Klasse,
- bestandene Fahrlehrerprüfung und
- ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache.
Bei der Stellung des Antrags auf Neuerteilung der Fahrlehrerlaubnis müssen gemäß §§ 4, 15 Absatz 1 FahrlG die folgenden Unterlagen bzw. Nachweise beigefügt werden:
- Ein amtlicher Nachweis über Tag und Ort der Geburt (Geburtsurkunde, Personalausweis),
- ein Lebenslauf,
- ein Nachweis über die körperliche und geistige Eignung sowie ein Sehtest, wie für die Erteilung einer C1-Fahrerlaubnis erforderlich, der nicht älter als ein Jahr sein darf,
- eine amtlich beglaubigte Führerscheinkopie (falls der Führerschein nicht im Original vorgelegt wird) und
- ein erweitertes Führungszeugnis zur Vorlage bei Behörden.
Der Nachweis über körperliche und geistige Eignung nebst Sehtest kann gem. § 4 Absatz 2 FahrlG auch durch einen gültigen, ab 01.01.1999 erworbenen Führerschein der C- oder D-Klassen geführt werden.
Eine amtliche Beglaubigung, die nur notwendig ist, wenn der Führerschein nicht im Original vorgelegt wird, erfolgt in der Regel bei einem Notar, der eine Kopie fertigt und diese mit seinem Siegel beglaubigt. Entbehrlich ist die Vorlage im Original oder als beglaubigte Kopie in der Regel auch dann, wenn die Führerscheinstelle, die häufig zugleich für die Fahrlehrerangelegenheiten zuständig ist, den Führerschein kurz vor Antragstellung neu erteilt hat.
Das erweiterte Führungszeugnis muss bei der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständigen Meldebehörde beantragt werden, idealerweise unter Hinweis auf die o.g. Vorschriften des FahrlG und Angabe des Zwecks und Angabe der zuständigen Erlaubnisbehörde, an die das erweiterte Führungszeugnis gesandt werden soll.
Welche zusätzlichen Nachweise oder Informationen darf oder muss die Erlaubnisbehörde vor Erteilung der Fahrlehrerlaubnis verlangen bzw. einholen?
Die Erlaubnisbehörde kann die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens gem. § 4 Absatz 3 FahrlG anordnen, wenn ihr Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche und geistige Eignung des Bewerbers im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 FahrlG begründen.
Die Erlaubnisbehörde ist gem. § 4 Absatz 6 Satz 1 FahrlG verpflichtet, auf Kosten des Antragstellers eine Auskunft aus dem Fahreignungsregister einzuholen, um zu prüfen, ob Tatsachen vorliegen, die ihn als unzuverlässig erscheinen lassen.
Hat die Behörde – durch Tatsachen begründete – Zweifel an der fahrlehrerrechtlichen Zuverlässigkeit des Bewerbers, kann sie gem. § 4 Absatz 4 Nummer 2 FahrlG von diesem verlangen, dass er (auf seine Kosten) zur Klärung, ob die erforderliche Zuverlässigkeit besteht, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung beibringt. Davon wird in der Praxis regelmäßig gerne Gebrauch gemacht, bisweilen auch ungerechtfertigterweise. Die Behörde muss nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob die Beibringung eines Gutachtens erforderlich ist. Findet eine Ermessensausübung nicht statt, so ist die Anordnung rechtswidrig.
Die Gutachtenanordnung ist als sogenannte Aufklärungsanordnung nicht gerichtlich überprüfbar, denn sie hat keinen Regelungscharakter. Bringt ein Bewerber das von der Erlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht bei, wird die begehrte Fahrlehrerlaubnis in der Regel versagt. Der Versagungsbescheid wiederum ist gerichtlich angreifbar, wobei das Gericht inzident auch die Frage der Rechtmäßigkeit der Gutachtenanordnung überprüft.
Hat der Bewerber mit Antragstellung alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt und, falls angeordnet, die geforderten (für ihn positiven) Gutachten beigebracht, steht der Entscheidung der Erlaubnisbehörde nichts mehr entgegen. Sie muss dann unverzüglich die begehrte Fahrlehrerlaubnis erteilen. Geschieht dies nicht innerhalb von drei Monaten ohne zureichenden Grund, besteht gem. § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung die Möglichkeit, im Rahmen einer sog. Untätigkeitsklage die Behörde zur Erteilung gerichtlich verpflichten zu lassen.
Bei alledem gibt es eines zu bedenken: Fahrlehrer ist nicht nur ein schöner Beruf, sondern auch ein ziemlich zukunftssicherer. Denn aufgrund des derzeit und auf absehbare Zeit herrschenden Fahrlehrermangels in Deutschland sind Fahrlehrer eine sehr begehrte Spezies auf dem Arbeitsmarkt.
Dietrich Jaser
Rechtsanwalt
Spezialist für Fahrlehrerrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Strafverteidiger
www.domusjuris.de