Verwaltungsgericht: Kein „Nachsitzen“ des Fahrlehrers bei Verstoß gegen DVR Konzept
Wegen angeblichem Verstoß gegen DVR-Konzept: Landesbehörde brummt Fahrlehrer erneuten Besuch einer Programmeinweisung Aufbauseminar auf. Verwaltungsgericht (VG) Schleswig sagt dazu: so geht’s nicht (Urteil vom 21.03.2022 – Az.: 7 A 5/22). Rechtliche Vorgaben erlauben hohes Maß an eigenverantwortlicher Gestaltung des Seminars.
I. Die Vorgeschichte
1. Die Überwachung
Der betroffene Fahrlehrer war seit 2001 Inhaber einer Seminarerlaubnis für Aufbauseminare. Im Rahmen der alle zwei Jahre durchzuführenden Überprüfungen wurde die Durchführung eines Aufbauseminars des Fahrlehrers durch einen Sachverständigen etwa zwei Stunden lang überwacht.
2. Der Bescheid
In seinem Protokoll stellte der Sachverständige Mängel fest, was die Behörde veranlasste, den Fahrlehrer aufzufordern, die in der Überwachung festgestellten Defizite durch einen „erneuten Besuch einer Programmeinweisung gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 4 b) FahrlG“ aufzuarbeiten. Gleichzeitig ordnete die Behörde das Ruhen der Seminarerlaubnis bis zum Nachweis einer solchen Teilnahme an. Zur Begründung behauptete die Behörde, bei der Überwachung seien u.a. folgende Mängel festgestellt worden:
- Die Beobachtungsfahrten seien unzureichend dokumentiert worden,
- von dem Seminarkonzept des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) sei erheblich abgewichen worden, obwohl der Fahrlehrer vorgegeben habe, danach zu arbeiten,
- Plakate hätten teilweise gefehlt, seien schon vorausgefüllt gewesen oder nicht zielführend bearbeitet worden,
- die Kärtchensammlung „Erlebnisse bei unseren Fahrten“ hätte gefehlt,
- die Hausaufgabe „Mir ist folgendes passiert“ sei am Ende der ersten Sitzung nicht gestellt worden,
- als Musteranalyse sei kein aktueller Fall aus dem laufenden Kurs erstellt worden und
- der Fahrlehrer habe beabsichtigt, mit dem Thema „Restgeschwindigkeit“ aus dem theoretischen Fahrschulunterricht in der zweiten Hälfte der Sitzung fortzufahren.
3. Der Widerspruch
Gegen den Bescheid erhob der Fahrlehrer Widerspruch, den er damit begründete, dass „alleiniger Maßstab für die Gestaltung der Aufbauseminare § 35 FeV“ sei und wies auf das Urteil des VG Sigmaringen vom 19.09.2007 (Az.: 1 K 939/06) hin, das eben solches entschieden habe. Gegen die Vorgaben habe er nicht verstoßen.
Das werde ihm auch gar nicht vorgeworfen. Die von der Behörde geübte und zum Anlass für den Bescheid genommene Kritik sei vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung nicht gerechtfertigt.
4. Der Widerspruchsbescheid
Den Widerspruch wies die Widerspruchsbehörde als unbegründet zurück. Sie behauptete, das Aufbauseminar sei unabhängig von der Frage, ob das DVR-Konzept zugrunde zu legen sei, nicht beanstandungsfrei durchgeführt worden. Wer selbst angebe, nach dem DVR-Konzept zu arbeiten, müsse sich jedoch daran halten. Der Fahrlehrer habe die Vorgaben des für Aufbauseminare geltenden § 45 FeV nicht umgesetzt. Insbesondere habe er nicht mit den Seminarteilnehmern die Verkehrszuwiderhandlungen, die zur Anordnung der Seminarteilnahme geführt hätten, und die Ursachen dafür diskutiert und daraus ableitend allgemein die Probleme und Schwierigkeiten von Fahranfängern erörtert. Es habe insgesamt am gemeinsamen Aufarbeiten der Schwierigkeiten und Probleme gefehlt und an Struktur der gesamten Kurseinheit. Im Gesamtergebnis habe das Seminar die gesetzlichen Anforderungen nach § 45 FeV nicht erreicht.
Dies, wohl gemerkt, nach zwei Stunden Überwachung eines mehrtägigen Seminars.
5. Die Klage
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Fahrlehrer Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht Schleswig. Er hielt den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig. Die gesetzlichen Anforderungen für Aufbauseminare ergäben sich einzig aus § 2b StVG und § 35 FeV. Diesen Anforderungen habe das beobachtete Seminar genügt. Insbesondere gäbe es keine Pflicht, die Seminare nach dem DVR-Konzept auszurichten. Die Behauptungen der Behörde zum unzureichenden Inhalt seines Seminars wären unzutreffend. Außerdem könne die Behörde, deren Sachverständiger nur 9,26 % des Seminars gesehen habe, die Inhalte der von ihm nicht beobachteten Teile des Seminars gar nicht beurteilen.
Die Behörde hielt den Bescheid für rechtmäßig. Der Fahrlehrer selbst habe erklärt, er arbeite nach dem DVR-Handbuch und dies durch Unterschrift auf dem Überwachungsprotokoll bestätigt.
Tatsächlich sei er aber von den DVR-Vorgaben stark abgewichen und habe diese Vorgaben nur teilweise verwendet, aber nicht richtig umgesetzt. Ungeachtet dessen, sei er aber hinter den gesetzlichen Vorgaben zurückgeblieben: Die Seminarteilnehmer sollten durch die Teilnahme veranlasst werden, eine risikobewusstere Einstellung zu entwickeln und sich dort sicher und rücksichtsvoll zu verhalten. Dazu sei es zwingend erforderlich, dass man von den vorhandenen Einstellungen und Erfahrungen der Teilnehmer ausgehe, die Teilnehmer aktiv am Informationsprozess beteilige und die Denkanstöße nicht nur vom Seminarleiter kämen, sondern vor allem durch Beiträge aus der Gruppe. Die Nutzung vorgefertigter Plakate widerspreche dem.
Der Lernerfolg könne nur effektiv erzielt werden, wenn die Seminarteilnehmer eigene Gedanken zur Erstellung des Plakates nutzen würden und eigene Erfahrungen und Emotionen einfließen lassen könnten. Die Teilnehmer sollten aktiv am Unterricht teilnehmen, sich austauschen und voneinander lernen. Das Gesetz fordere auch Gruppengespräche, die beim Kläger nicht stattgefunden hätten.
II. Das Urteil
Das Verwaltungsgericht Schleswig (Urteil vom 21.03.2022 – Az.: 7 A 5/22) gab der Klage statt. Es hält die Anfechtungsklage für begründet. Nach Auffassung des Gerichts ist der angefochtene Bescheid der Behörde rechtswidrig und verletzt den Fahrlehrer in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Rechtsgrundlagen
Rechtsgrundlage für die erteilte Aufforderung, erneut einen programmspezifischen Kurs zur Durchführung des Aufbauseminars zu absolvieren ist § 45 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 b) FahrlG. Die Grundlage für die Anordnung des Ruhens der Seminarerlaubnis findet sich in § 45 Abs. 6 i. V. m. § 13 FahrlG.
§ 45 Abs. 6 FahrlG lautet:
„(6) Für Ruhen und Erlöschen der Seminarerlaubnis gilt § 13 entsprechend.“
2. Zum Ruhen
der Seminarerlaubnis
Nach der m. E. völlig zutreffenden Auffassung des Gerichts liegen die Voraussetzungen, ein Ruhen der Seminarerlaubnis anzuordnen, nicht vor. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ruht die Seminarerlaubnis Aufbauseminar nach § 45 FahrlG nur, wenn
- entweder gemäß § 13 Abs. 1 FahrlG ein Fahrverbot besteht,
- der Führerschein in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt,
- die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen oder
- bei der Entziehung im Verwaltungsverfahren die sofortige Vollziehung angeordnet worden und die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs nicht wiederhergestellt worden ist oder
- wenn der Inhaber der Seminarerlaubnis nicht innerhalb der in § 11 FahrlG gennannten Frist der zuständigen Behörde die Unterlagen zum Nachweis seiner körperlichen und geistigen Eignung vorlegt
Beides liegt hier nicht vor.
Ohne dies ausdrücklich auszuführen, ist die Behörde offensichtlich der irrigen Auffassung,
- dass § 45 Abs. 6 FahrlG – über den Wortlaut der Vorschrift hinaus – eine eigenständige Rechtsgrundlage für das Ruhen der Seminarerlaubnis darstellt,
- dass der Verweis auf § 13 FahrlG nur eine Rechtsfolgenverweisung sein soll mit dem Ergebnis,
- dass die Anordnung des Ruhens im freien Ermessen der Behörde steht und
- dass sie sich nur an den Vorgaben des § 45 Abs. 2 Satz 2 FahrlG orientieren muss, durch nachträgliche Auflagen die Einhaltung der Anforderungen an die Aufbauseminare und deren Überwachung sicherzustellen.
Diese Auffassung findet weder im Wortlaut der Norm noch in der Systematik eine Stütze.
Denn sollte § 45 Abs. 6 FahrlG so zu verstehen sein, dass nur auf die in § 13 FahrlG angeordneten Rechtsfolgen verwiesen wird, so hätte dies in § 45 Abs. 6 FahrlG durch die Bezugnahme auf lediglich § 13 Abs. 5 FahrlG klargestellt werden können. Stattdessen wird jedoch auf die Vorschrift insgesamt verwiesen. Das legt nahe, dass auch die Voraussetzungen aus den Absätzen 1 bis 4 Anwendung finden sollen. Auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen folgt im Ergebnis das Gleiche: Das Ruhen der Seminarerlaubnis berührt die Berufsausübungsfreiheit des Erlaubnisinhabers aus Art. 12 Abs. 1 GG. Ein solcher Eingriff in ein Grundrecht bedarf einer gesetzlichen Grundlage, die die Voraussetzungen, unter welchen Umständen ein Eingriff gerechtfertigt ist, regelt. Daran würde es hier fehlen, würde man § 45 Abs. 6 FahrlG in der beschriebenen Weise auslegen. Vor diesem Hintergrund kann daher § 45 Abs. 6 FahrlG nur dahingehend ausgelegt werden, dass er eine Rechtsgrundverweisung darstellt und ein Ruhen der Seminarerlaubnis nur angeordnet werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 oder Abs. 2 FahrlG vorliegen.
3. Zur Anordnung des Besuchs
einer Programmeinweisung
Die Anordnung des Ruhens in Verbindung mit der Auflage, eine Programmeinweisung zu besuchen, ist auch nicht als Auflage zu rechtfertigen. Nach § 45 Absatz 2 Satz 2 FahrlG kann die Seminarerlaubnis auch nachträglich mit Auflagen versehen werden, soweit dies erforderlich ist, um die Einhaltung der Anforderungen an Aufbauseminare, deren ordnungsgemäße Durchführung und deren Überwachung sicherzustellen. Aber weder ist die Anordnung des Ruhens der Seminarerlaubnis eine Auflage noch lagen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Auflage vor.
Die Anordnung, eine Programmeinweisung gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 b) FahrlG zu besuchen, stellt zwar eine Auflage dar. Die Anordnung, dass, solange ein solcher Besuch nicht nachgewiesen wird, die Seminarerlaubnis ruht, ist jedoch keine nach dieser Vorschrift zulässige Auflage. Eine Auflage ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten des Verwaltungsaktes ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (§ 107 Abs. 2 Nr. 4 LVwG Schleswig-Holstein, § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG). Das Ruhen der Seminarerlaubnis tritt von selbst ein, nicht erst in Befolgung einer solchen Anordnung. Ein Tun, Dulden oder Unterlassen wird dadurch dem Kläger nicht aufgegeben. Schon der Wortlaut der Vorschrift ermöglicht demzufolge der Behörde es nicht, das Ruhen der Seminarerlaubnis – auch wenn es mit einer Auflage verbunden wird – gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 FahrlG anzuordnen.
Ungeachtet dessen ist darüber hinaus auch schon die Auflage, eine Programmeinweisung zu besuchen, rechtswidrig.
Eine nachträgliche Auflage kann nur erteilt werden, wenn und soweit sie erforderlich ist, die Einhaltung der Anforderungen an Aufbauseminare, deren ordnungsgemäße Durchführung und deren Überwachung sicherzustellen. Es muss daher feststehen, dass der Erlaubnisinhaber gegen seine Pflichten verstoßen hat. Andernfalls bedürfte es keiner Auflagen. Ein solcher Verstoß, der die Erteilung einer Auflage rechtfertigenden würde, kann vorliegend nicht festgestellt werden.
„Die Anforderungen an Aufbauseminare nach § 2b Abs. 1 StVG und ihre ordnungsgemäße Durchführung ergeben sich einzig aus § 35 FeV i. V. m. § 2b Abs. 1 Satz 1 StVG“
(siehe auch VG Sigmaringen, Urteil vom 19.09.2007 – Az.: 1 K 939/06).
4. Insbesondere zu den Inhalten
eines Aufbauseminars
Dass der Fahrlehrer bei dem beobachteten Seminar von den formalen Mindestanforderungen nach § 35 Abs. 1 FeV abwich, ist nicht ersichtlich und wird ihm von der Behörde auch nicht vorgeworfen. Diese führt vielmehr an, dass die inhaltliche Gestaltung hinter den gesetzlichen Vorgaben aus § 35 Abs. 2 FeV zurückbliebe. Soweit sich der Beklagte im Widerspruchsbescheid auf den – aufgehobenen – § 45 FeV bezog, geht das Gericht davon aus, dass es sich dabei um ein Schreibversehen handelt und § 35 FeV gemeint war.
Nach dieser Vorschrift sind
- die Verkehrszuwiderhandlungen, die bei den Teilnehmern zur Anordnung der Teilnahme an dem Aufbauseminar geführt haben, und die Ursachen dafür zu diskutieren und
- daraus ableitend allgemein die Probleme und Schwierigkeiten von Fahranfängern zu erörtern.
- Durch Gruppengespräche, Verhaltensbeobachtung in der Fahrprobe, Analyse problematischer Verkehrssituationen und durch weitere Informationsvermittlung soll ein sicheres und rücksichtsvolles Fahrverhalten erreicht werden.
- Dabei soll insbesondere die Einstellung zum Verhalten im Straßenverkehr geändert, das Risikobewusstsein gefördert und die Gefahrenerkennung verbessert werden.
Das Gericht hatte keinen Anlass zu der Vermutung, dass das beobachtete Seminar diesen inhaltlichen Mindeststandard nicht einhielt und erklärte:
„Die rechtlichen Vorgaben erlauben […] ein hohes Maß an eigenverantwortlicher Gestaltung des Seminars durch den Fahrlehrer innerhalb dieses Rahmens.“
Die Behörde monierte an den Seminarinhalten und der Art und Weise der Vermittlung dieser Inhalte, dass durch die Nutzung vorgefertigter Plakate den Teilnehmern ein Thema vorgegeben werde, so dass sie keinen Bezug zu den von ihnen begangenen Verstößen herstellen könnten. Insgesamt habe es dem Kurs an Struktur gefehlt. Der Fahrlehrer selbst habe erklärt, das DVR-Konzept zu nutzen, habe es aber nicht umgesetzt.
Diese Kritik ist nach Auffassung des Gerichts nicht ausreichend, um dem Fahrlehrer vorwerfen zu können, er habe die gesetzlich geforderten Mindestanforderungen an ein Aufbauseminar missachtet. Das Gericht erklärte wortwörtlich:
„Insbesondere steht es dem Seminarleiter frei, das DVR-Konzept zu nutzen oder davon abzuweichen (so auch VG Sigmaringen, a.a.O.).“
Die Behörde hätte in diesem Zusammenhang konkret vortragen müssen, inwieweit der Fahrlehrer bei dem beobachteten Seminar von den Vorgaben des § 35 Abs. 1 und Abs. 2 FeV abwich, dass er also die Verkehrszuwiderhandlungen, die bei den Teilnehmern zur Anordnung der Teilnahme an dem Aufbauseminar geführt haben, und die Ursachen dafür nicht diskutiert und daraus ableitend allgemein die Probleme und Schwierigkeiten von Fahranfängern nicht erörtert und es versäumt hätte, durch Gruppengespräche, Verhaltensbeobachtung in der Fahrprobe, Analyse problematischer Verkehrssituationen und durch weitere Informationsvermittlung eine sichereres und rücksichtsvolles Fahrverhalten erreicht hätte. Das ist nicht geschehen.
5. Ergebnis
Der Fahrlehrer hat den Prozess gewonnen, der Bescheid und der Widerspruchsbescheid wurden vom Gericht aufgehoben und sind damit unwirksam. Der Fahrlehrer kann daher weiterhin seine Seminare durchführen, ohne erneut an einem kostenträchtigen viertägigen „programmspezifischen Kurs zur Durchführung des Aufbauseminars“ (§ 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4b) FahrlG) teilnehmen zu müssen.
Eine erfreuliche Nebenfolge des gewonnenen Prozesses ist für den Fahrlehrer: Die Behörde hat darüber hinaus auch alle Kosten des gerichtlichen Verfahrens (Anwaltskosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und Gerichtskosten) zu tragen. Und weil das Gericht auf Antrag des Anwalts feststellte, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bereits im Widerspruchsverfahren, dem sog. Vorverfahren, notwendig war, muss die Behörde auch die gesetzlichen Gebühren des Anwalts im Vorverfahren bezahlen.
III. Schlussbemerkung
Offensichtlich hat die Behörde das oben genannte Urteil des VG Sigmaringen – aus welchen Gründen auch immer – bewusst ignoriert. Denn dieses Urteil war der Behörde spätestens aufgrund eines entsprechenden Hinweises im Widerspruchsverfahren bekannt. Somit musste das VG Schleswig hier nochmals klarstellen, was bereits rund 15 Jahre zuvor das VG Sigmaringen auf unsere damalige Klage hin bereits entschieden hatte:
Die einzig maßgebliche Vorschrift für die Durchführung der Aufbauseminare ist § 35 FeV.
Die Überwachungsbehörde darf sich die Bewertung der Seminare nicht so einfach machen, wie hier offensichtlich wieder einmal geschehen. Sicherlich mag es für den Sachverständigen einfacher sein, die einzelnen Punkte des Konzepts nacheinander abzuhaken und daraus seine Empfehlungen abzuleiten, als die Einhaltung der abstrakter formulierten gesetzlichen Vorgaben in § 35 FeV. Auch für den Sachbearbeiter der Behörde dürfte es einfacher und zeitsparender sein, die „Fehler“ des Seminarleiters aus der Nicht-Einhaltung einzelner Punkte von ihrem vorgeschriebenen Konzept abzuleiten. Nur ist diese Vorgehensweise eben rechtswidrig.
Es mag Seminarleiter geben, die die verschiedensten Konzepte ganz oder auch nur teilweise für ihre Aufbauseminare verwenden. Manche verwenden auch verschiedene Teile aus mehreren Konzepten nach- oder nebeneinander. Das alles ist völlig gesetzeskonform, solange die gesetzlichen Vorgaben aus § 35 FeV eingehalten werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieses Urteil des VG Schleswig in den Erlaubnis- und Überwachungsbehörden herumspricht. Damit nicht heute, rund 15 Jahre nach dem wegweisenden Urteil des VG Sigmaringen, noch immer Fahrlehrer wegen der Nicht-Einhaltung von Seminarkonzepten zu Unrecht gegängelt werden.
Dietrich Jaser
Rechtsanwalt
Spezialist für Fahrlehrerrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Strafverteidiger
tel. 08221-24680
www.fahrlehrerrecht.com