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Fahrlehrerlaubniserwerb: Lohnt sich der Weg über Österreich?

In einigen Fällen kann das erfolgversprechend sein.
Meint der Autor, Rechtsanwalt Dietrich Jaser, Günzburg

In diesem Beitrag wird zur besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Selbstverständlich sollen alle Geschlechter damit angesprochen werden. Aus aktuellem Anlass sollen nachfolgend die Voraussetzungen des Erwerbs der Fahrlehrberechtigung der Klasse B in Österreich und die Voraussetzungen für deren Anerkennung in Deutschland zum Erwerb der deutschen Fahrlehrerlaubnis Klasse BE dargestellt werden.

I. Die österreichische
Fahrlehr-Ausbildung

Die Fahrlehr-Ausbildung wurde in Österreich mit Wirkung vom 01.01.2024 neu geregelt.

In Österreich wird, im Gegensatz zu Deutschland, zwischen dem Fahrlehrer und dem Fahrschullehrer unterschieden. Der Fahrlehrer darf nur praktischen Fahrunterricht erteilen, der Fahrschullehrer darf theoretischen und praktischen Unterricht erteilen.

1. Voraussetzungen für den Erwerb der Fahrlehrberechtigung (nur praktischer Unterricht):

  • Besitz einer Fahrerlaubnis (in Österreich: Lenkberechtigung) der angestrebten Klasse(n) seit mind. drei Jahren.
  • Nachweis von mindestens drei Jahren Fahrpraxis mit den Fahrzeugen der angestrebten Klasse oder Nachweis von einem Jahr Fahrpraxis und Absolvierung eines Praxis-Ersatzseminares der betreffenden Klasse; die nachgewiesene Fahrpraxis muss innerhalb der letzten fünf Jahre liegen.
  • Zuverlässigkeit (in Österreich: Vertrauenswürdigkeit) im Sinne des österreichischen Kraftfahrgesetzes, d.h. der Bewerber darf in den letzten Jahren keine schwerwiegenden Verkehrsverstöße begangen haben.
  • seit mind. sechs Monaten Hauptwohnsitz in Österreich.
  • im Gegensatz zu Deutschland ist in Österreich keine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine gleichwertige Vorbildung Voraussetzung für den Erwerb der Fahlehrberechtigung.

Die Ausbildung zum Fahrlehrer einschließlich Prüfungen dauert in Österreich ca. sechs Monate. Ab dem dritten Monat kann bereits ein Verdienst erzielt werden.

2. Voraussetzungen für den Erwerb der Fahrschullehrberechtigung (theoretischer und praktischer Unterricht):

  • Besitz einer Fahrerlaubnis (in Österreich: Lenkberechtigung) der angestrebten Klasse(n) seit mind. drei Jahren.
  • Nachweis von mind. drei Jahren Fahrpraxis mit den Fahrzeugen der angestrebten Klasse(n) oder Nachweis von einem Jahr Fahrpraxis und Absolvierung eines Praxis-Ersatzseminares der betreffenden Klasse; die nachgewiesene Fahrpraxis muss innerhalb der letzten 5 Jahre liegen.
  • Zuverlässigkeit (in Österreich: Vertrauenswürdigkeit) im Sinne des österreichischen Kraftfahrgesetzes, d.h. der Bewerber darf in den letzten Jahren keine schwerwiegenden Verkehrsverstöße begangen haben.
  • Reifeprüfungszeugnis (Abitur, in Österreich: Matura, oder (Fach-) Hochschulreife, in Österreich: Studienberechtigungsprüfung)

oder

  • Fahrlehrer, die im letzten Jahr und mindestens zwei Jahre lang innerhalb der letzten fünf Jahre vor Antragstellung praktischen Unterricht in einer Fahrschule erteilt haben.
  • seit mind. sechs Monaten Hauptwohnsitz in Österreich.

Die Ausbildung zum Fahrschullehrer nimmt etwa so viel Zeit in Anspruch, wie die Ausbildung zum Fahrlehrer, freilich mit zusätzlichen Prüfungen.

II. Anerkennung
in Deutschland

Personen, die im Besitz der österreichischen Fahrlehrberechtigung sind, können unter bestimmten Voraussetzungen die deutsche Fahrlehrerlaubnis beantragen. Gesetzliche Grundlage für die Anerkennung der österreichischen Fahrlehrberechtigung zur Erteilung einer deutschen Fahrlehrerlaubnis ist § 3 des Fahrlehrergesetzes (FahrlG) in Verbindung mit § 1 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (FahrlGDV). Danach ist Voraussetzung, dass der ausländische Nachweis über die Befähigung zur Fahrschülerausbildung (Befähigungsnachweis) die Voraussetzungen der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie erfüllt.

Die wichtigsten Regeln dieser Richtlinie bezogen auf den Fahrlehrerberuf sind:

  • Die ausländische Fahrlehrerberechtigung muss mit der deutschen Fahrlehrerlaubnis gleichwertig sein.
  • Die Erlaubnisbehörde muss die Berufserfahrung als Fahrlehrer im Anerkennungsverfahren berücksichtigen.
  • Die Berufserfahrung als Fahrlehrer kann wesentliche Unterschiede zwischen der ausländischen Fahrlehrerberechtigung und der deutschen Fahrlehrerlaubnis ausgleichen.
  • Personen mit zu wenig Berufserfahrung als Fahrlehrer können wesentliche Unterschiede auch durch Ausgleichsmaßnahmen ausgleichen.

Da die österreichische Fahrlehrberechtigung der deutschen Fahrlehrerlaubnis aufgrund der kürzeren Ausbildung und der geringeren Ausbildungsinhalte nicht gleichwertig ist, kann, sofern nicht eine mehrjährige Berufserfahrung als Fahrlehrer vorliegt, die Erteilung der Fahrlehrerlaubnis von der Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder einer Eignungsprüfung abhängig gemacht werden. Dieses „kann“ wird in der Regel von den deutschen Behörden als „muss“ ausgelegt, so dass der Betroffene entweder einen Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung absolvieren muss. Die Behörde hat hierbei nicht die Wahl, diese verbleibt bei dem Betroffenen, der selbst entscheiden kann, ob er eine Eignungsprüfung ablegt, die inhaltlich in etwa der Fahrlehrerprüfung entspricht, oder einen Anpassungslehrgang absolviert, der von den Fahrlehrerausbildungsstätten durchgeführt wird.

Die Eignungsprüfung besteht aus einer schriftlichen und mündlichen Fachkundeprüfung sowie aus Lehrproben im theoretischen und fahrpraktischen Unterricht. Gegenstand der Eignungsprüfung sind die Besonderheiten des deutschen Straßenverkehrsrechts und der deutschen Straßenverkehrsverhältnisse sowie das deutsche Fahrlehrerrecht.

Der Anpassungslehrgang dauert nach § 1 FahrlGDV höchstens drei Jahre, in der Praxis jedoch – analog zur Fahrlehrerausbildung an der Fahrlehrerausbildungsstätte – ca. neun Monate. Gegenstand des Anpassungslehrgangs sind die Besonderheiten des deutschen Straßenverkehrsrechts und der deutschen Straßenverkehrsverhältnisse sowie das deutsche Fahrlehrerrecht. Voraussetzung einer erfolgreichen Teilnahme am Anpassungslehrgang ist, dass der Bewerber an dem Lehrgang aktiv und vollständig teilgenommen hat. Der Erfolg eines Anpassungslehrgangs ist von der Fahrlehrerausbildungsstätte zu bewerten. Hierbei genügt es, dass dem Bewerber bescheinigt wird, dass er aktiv, vollständig und erfolgreich an dem Lehrgang teilgenommen hat.

Nach Abschluss des Lehrgangs muss dem Bewerber eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt werden.

III. Vorteil der
Fahrlehrerausbildung
in Österreich?

Vergleicht man die zeitliche Dauer der Fahrlehrerausbildung in Deutschland, die mindestens 12 Monate dauert und Dauer der Ausbildung in Österreich, die rund sechs Monate dauert, zu deren Anerkennung aber ein rund neunmonatiger Anpassungslehrgang absolviert werden muss (sofern keine Eignungsprüfung absolviert wird), stellt man fest, dass kein zeitlicher Vorteil für eine Fahrlehrerausbildung in Österreich spricht. Schneller erhält man über den österreichischen Umweg also grundsätzlich keine deutsche Fahrlehrerlaubnis. Sieht man von den zeitlichen Aspekten ab, sprechen dennoch zwei Gründe für die Ausbildung in Österreich:

  1. In Österreich besteht die Möglichkeit, bereits nach zwei Monaten der Ausbildung ein Einkommen zu erzielen.
  2. Die erforderliche Vorbildung ist geringer. Für die österreichische Fahrlehrberechtigung ist keine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine gleichwertige Vorbildung erforderlich. Es genügt, die erforderliche Fahrpraxis von in der Regel drei Jahren nachzuweisen.

Zwar besteht in Deutschland die Möglichkeit das Manko einer fehlenden Berufsausbildung oder gleichwertigen Vorbildung unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. mittlere Reife und langjährige Berufstätigkeit) durch erfolgreiche Teilnahme an einem Fahrlehrereignungstest (z.B. von Moving) zu kompensieren.

Doch nach bisheriger Erfahrung erkennen einige Erlaubnisbehörden dies zu Unrecht nicht oder nur selten an, so dass häufig gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss, um zum erstrebten Ziel zu gelangen.

Sofern die Möglichkeit dazu besteht – immerhin muss ein mindestens sechsmonatiger Hauptwohnsitz in Österreich nachgewiesen werden – kann der Umweg über Österreich in Fällen einer fehlenden Berufsausbildung oder gleichwertigen Vorbildung schneller zum Ziel führen.

Diejenigen, die keine Möglichkeit haben, einen mindestens sechsmonatigen Hauptwohnsitz in Österreich zu begründen, können dennoch nach mehrjähriger Berufstätigkeit und erfolgreich abgelegtem Fahrlehrereignungstest die Fahrlehrerlaubnis erwerben. Sollte sich die Erlaubnisbehörde dagegen sperren, besteht in vielen Fällen eine gute Erfolgsaussicht, diese auf juristischem Wege zu „überzeugen“.

Dabei ist es allerdings dringend anzuraten, sich der Hilfe eines versierten, langjährig im Fahrlehrerrecht tätigen und erfahrenen Anwalts zu bedienen.

Dietrich Jaser, Rechtsanwalt
Spezialist für Fahrlehrerrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Strafverteidiger
anwalt@domusjuris.de

 

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