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Wozu eine neue Fahrschülerausbildungsordnung??

Im vergangenen Jahr befassten sich Medien häufiger mit der steigenden Nichtbestehensquote von Fahrerlaubnisbewerbern und befragten Betroffene und Entscheidungsträger nach Gründen für diesen stetigen Anstieg. Auffallend dabei ist, dass in erster Linie das Fahrschulwesen diesbezüglich immer wieder ins Kreuzfeuer gerät.

Wieder einmal mehr wurde und wird versucht, Fahrschulen zu Unrecht den Schwarzen Peter für diese Misere zuzuschieben. Es wird stetig darauf verwiesen, dass deshalb diverse gesetzliche Maßnahmen erforderlich waren und sind, die Abhilfe schaffen werden.

Was wurde und wird nicht schon alles an Reformen im Fahrschulbereich verändert oder geplant, so auch die bevorstehende Neufassung der Fahrschülerausbildungsordnung (FahrSchAusbO), die sich im Projekt OFSA II widerspiegelt. Und das alles mit der Begründung, dadurch unter anderem eine Qualitätssteigerung im Sinne von höherer Verkehrssicherheit bei Fahranfängern, weniger Unfalltoten, einer Senkung der Nichtbestehensquote usw. erreichen zu wollen. Bis zum heutigen Tag wird dabei offenbar tunlichst vermieden, ein entsprechendes Instrumentarium zu entwickeln, das präzise angibt, wann eine Qualitätssteigerung für welche Maßnahme vorliegt und welche Messinstrumente dafür zum Einsatz kommen. Stattdessen erfolgt lediglich auf der Basis einiger fragwürdiger Gutachten die gebetsmühlenartige Wiederholung diverser Behauptungen bezüglich positiver Effekte, die wiegesagt weder ursächlich quantifiziert noch evaluiert werden können.

Der Umstand, dass prozentual immer weniger Fahrerlaubnisbewerber die Theorieprüfung sowie die praktische Prüfung bestehen, hat uns als Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) – wie bereits in der Fahrlehrerpost 2/2023 näher erläutert – schon vor längerer Zeit alarmiert.

Diese Misere gründet nach unserer Auffassung in erster Linie auf folgenden Ursachen:

  1. Im Bereich der praktischen Prüfung durch die Erhöhung der Prüfzeitverlängerung.
  2. Durch die Aufnahme von Videosequenzen in den Theorie-Fragepool (Tendenz steigend), wodurch reale Verkehrssituationen nur unzureichend präsentiert werden können.
  3. Fehlende Zusatzinformationen aus dem Umfeld und die flashartige Präsentation von kurzen Filmausschnitten überfordern viele Fahrerlaubnisbewerber, genau diejenigen Informationen herauszufiltern, die sie zur „erwarteten“(!) Antwort befähigen sollen.
  4. Eine intensive Analyse diverser Fragen legt deren mangelhafte Qualität offen. Etliche davon sind schwer verständlich und irreführend, nicht nachvollziehbare Antworten werden als „richtige“ Lösungen eingefordert.
  5. Die Mitteilung der Nummer der amtlichen Prüfungsfrage(n) nach nichtbestandener theoretischer Fahrerlaubnisprüfung würde dem Fahrerlaubnisbewerber endlich die Möglichkeit geben, sich gezielt auf die Wiederholungsprüfung vorzubereiten. Mündliche Erläuterungen des Prüfers unmittelbar nach der Prüfung werden in den allermeisten Fällen durch das hohe Stresslevel nicht im Gedächtnis behalten.
  6. Auch die Platzierung der Fragestellung kann sich negativ auf Prüfungsergebnisse auswirken. So erfolgt bei Videosequenzen die Fragestellung erst im Anschluss an die gezeigten Szenen, der Kandidat hat nach Aufruf der vorgegebenen Antwortmöglichkeiten dann keinen Zugriff mehr auf die computeranimierte Sequenz.
  7. Unsere Gesellschaft ist mehr und mehr geprägt durch eine zunehmende Kluft in den Bildungsverläufen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Das bedeutet, dass in den letzten Jahren ein sinkender Bildungsgrad zu verzeichnen ist, wobei gerade die Anzahl von Fahrerlaubnisbewerbern aus bildungsferneren Schichten und aus zugewanderten Familien mit fehlenden oder nur geringen Deutschkenntnissen, also mit Migrationshintergrund, überdimensional gestiegen ist.

Daher richtet der Interessenverband Deutscher Fahrlehrer (IDF) einen dringenden Appell an das Bundesverkehrsministerium und an die in den Bundesländern zuständigen Ministerien, endlich tätig zu werden und oben aufgeführte Probleme, die zur steigenden Nichtbestehensquote beitragen, zeitnah zu beseitigen.

Denn selbst durch eine tiefgreifende Reform der Fahrschülerausbildung lässt sich die Bestehensquote kaum signifikant verbessern. Dies belegt die wohl umfassendste aber auch aussagekräftigste Studie, die sogenannte „DeKalb-Studie“ aus den USA.

Die Studie belegt, dass Erfolgsquoten nicht beliebig steigerbar und auch irgendwann nicht mehr mit vertretbarem Aufwand zu erreichen sind. Schon heute kostet der Erwerb der Fahrerlaubnis mehrere tausend Euro.
Wann endlich beherzigen Bund, Länder und Europäische Union die bereits von dem Staatstheoretiker Montesquieu erhobene Forderung: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen.“

Nachdem Bundesregierung und Landesregierungen immer wieder auf die hohe Bedeutung eines Bürokratieabbaus hinweisen und sich dieses Ziel auch stetig auf ihre Fahnen schreiben, ist es umso weniger nachvollziehbar, dass eine bestehende Verordnung, die sich in der Praxis nach wie vor nachweislich bestens bewährt, zukünftig durch eine im Projekt OFSA II zusammengetragene Neufassung ersetzt werden soll. Auf die Begründung dieser umstrittenen Maßnahme darf man schon einmal gespannt sein. Allein die stark rückläufige Zahl der Unfalltoten im Alter von 18-24 Jahren, die nach einer Statistik des Fachverlag der Deutschen Verkehrswacht 1991 noch bei 2749 lag, ging bis zum Jahr 2020 auf 326 zurück. Das heißt, bezogen auf 1991 reduzierte sich die Zahl der jugendlichen Unfalltoten bis 2020 um 88 Prozent, Tendenz weiter sinkend. Wozu dann noch die in OFSA II angedachte Änderung der Fahrschülerausbildungsordnung??

Wir sind überzeugt, dass sich bei Bedarf auch die Fahrlehrerschaft, ähnlich wie Landwirte, Spediteure und Handwerker, beispielsweise durch entsprechende Verkehrsaktionen in Berlin Gehör verschaffen kann und wird.

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